Der 30. Januar ist für Bautzen ein historischer Tag. Vor 1000 Jahren haben die damals mächtigsten Herrscher in Mitteleuropa auf der Bautzener Ortenburg (Foto) einen Friedensvertrag geschlossen. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Heinrich II., und der polnische Herzog Bolesław Chrobry ließen nach 15 Jahren Krieg die Waffen ruhen. Die Stadt holt das hierzulande weitgehend vergessene Ereignis im Rahmen des Kulturerbejahres 2018 ins Gedächtnis der Oberlausitzer zurück.
Zum Auftakt fand eine zweitägige wissenschaftlichen Konferenz statt: „Von Merseburg (1013) nach Bautzen (1018) – Der Frieden von Bautzen und sein historischer Kontext“. Im Mittelpunkt standen die Voraussetzungen und Folgen des deutsch-polnischen Friedensschlusses zu Bautzen im Jahr 1018. Wissenschaftler/innen aus Deutschland und Polen widmeten sich Bautzen und der Oberlausitz im 10. und 11. Jahrhundert, den deutsch-polnischen Beziehungen zur Zeit des Bautzener Friedens sowie den Entwicklungen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Religion während des frühen und hohen Mittelalters.
Am Jubiläumstag wurde das Veranstaltungsjahr dann mit einer Festveranstaltung im Burgtheater Bautzen feierlich eröffnet. Für Irritationen sorgte, dass zur gleichen Zeit im Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen der Verein „Bautzner Frieden e.V.“ den Bautzener Friedenspreis 2018 für Friedensarbeit und Völkerverständigung verlieh. Zwischen beiden Gruppierungen gibt es offenbar Konfliktpotenzial. Der Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens hat das dem MDR gegenüber so kommentiert: „Es gibt einen kleinen Verein, der sich vor Jahren unter Bezug auf diesen Friedensschluss gegründet hat und sich Bautzener Frieden nennt. Mit dem Verein stehen wir in losem Kontakt. Für unsere Veranstaltungsreihe haben wir mit dem Verein aber keinen gemeinsamen Nenner gefunden. Deshalb die beiden Veranstaltungen. Der Verein macht eine Veranstaltung am Tag des historischen Friedensschlusses und wird dort seinen Friedenspreis verleihen. Für die Stadt ist es der Auftakt einer Veranstaltungsreihe über das ganze Jahr.“
Die Zeitung „Bautzener Bote“ hat sich ebenfalls mit diesen Diskrepanzen beschäftigt: „Was man jüngst so an Diskreditierung über den Verein ‚Bautzner Frieden‘ lesen musste, der bekanntlich seit einigen Jahren den ‚Bautzener Friedenspreis‘ verleiht, das war einfach ärgerlich. Statt sich in der Sache um eine Verständigung zu bemühen, wurden Verdächtigungen in Umlauf gebracht und Anschuldigungen erhoben.“ Stein des Anstoßes könnten auch die diesjährigen Preisträger sein: Dr. Eugen Drewermann, ein bedeutender Vertreter der deutschen Friedensbewegung und Dr. Rainer Rothfuß. Rothfuß macht sich insbesondere stark für eine „Geopolitik von unten“. Seine „Druschba“-Autokonvois nach Russland, seine Kritik am Verhalten der Europäischen Union beim Ukraine-Konflikt machen ihn für einige – nicht unbedeutende – Medien zu einem „Putinknecht“. Der „Bautzener Bote“ kommentiert das so: „Wer so etwas in die Welt setzt, sollte sich dieses Zitat der US-Schriftstellerin Anais Nin (1903-1977) mal ganz genau durchlesen: ‚Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, wir sehen sie so, wie wir sind.‘“
Und der MDR bezieht sich auf den 1000 Jahre alten Friedensvertrag: „Für die damalige Zeit hat er eine Friedensphase von 13 Jahren gebracht. Das klingt heute wenig. Aber in den damals wilden und wüsten Zeiten war das lang, wenn man bedenkt, dass die europäische Geschichte voll ist mit blutigen Kriegen. Von daher ist das Jubiläum ein schöner Anlass, daran zu denken, dass es damals tatsächlich gelungen ist, in einer Region für so lange Zeit Ruhe in einen Konflikt zu bringen.“
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