In einigen Ländern Westeuropas wird dieser Tag als „Tag der Befreiung“ begangen und gemeint ist die Befreiung vom Nationalsozialismus. In Deutschland wird dabei immer noch diskutiert, wer von wem und wovon befreit wurde. Doch in einigen Bundesländern ist der 8. Mai mittlerweile offizieller Gedenktag.
In Russland und mehreren Staaten der ehemaligen Sowjetunion wird am 9. Mai der „Tag des Sieges“ gefeiert. An diesem Tag traf die Kapitulationsurkunde der Deutschen Streitkräfte in Moskau ein.
Tatsächlich hat der Zweite Weltkrieg nicht nur in Russland bis heute enorme Bedeutung, sondern auch in anderen Ländern des postsowjetischen Raums. Das liegt an der Tatsache, dass nahezu keine Familie von diesem Krieg verschont geblieben ist. 27 Millionen Menschen, knapp die Hälfte aller Opfer des Krieges, starben im Osten Europas.
Aber die Erinnerung an den Sieg der Roten Armee wird seit Jahren überschattet von den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine. Hier herrscht längst kein Frieden. Der sogenannte Waffenstillstand im Donbass ist ein diplomatisch verhüllter Dauerkriegszustand. Täglich wird geschossen, täglich gibt es Opfer. An Erklärungen, wieso es zu keiner Lösung kommt, mangelt es nicht.
Für die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens aber bleiben die Gespräche zwischen Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland entscheidend. Und dabei ist auch die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg von großer Bedeutung. Damit sie versöhnt statt spaltet, ist es dringend notwendig, alle Aspekte des Krieges zu thematisieren und miteinander zu diskutieren: Sieg und Niederlage, Täter und Opfer, Gewalt und Gegengewalt. In der Geschichte gibt es immer mehr als nur eine Wahrheit.
Abb.: Das Foto vom Handschlag amerikanischer und sowjetischer Soldaten am 25. April 1945 auf der Elbbrücke in Torgau ging um die Welt. (Es zeigt allerdings nicht den legendären Augenblick, sondern wurde am 26. April nachgestellt.)