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36. Kunstwoche in Kleinsassen

In diesem Jahr fand vom 9. bis 16. August die 36. Kunstwoche in Kleinsassen statt. Das Malerdorf der Rhön präsentierte in Straßen, Häusern, Höfen und Scheunen Malerei, Grafik, Bildhauerei, Kunsthandwerk, Aktionen, Lesungen, Ereignisse und Begegnungen, umrahmt von Musikdarbietungen unterschiedlicher Stilrichtungen. Gleichzeit fand die japanisch-deutsche Kunstbegegnung in der Kunststation Kleinsassen – Mitglied im Netzwerk VIA REGIA - Kulturroute des Europarates – statt. In diesem Rahmen hat gestern Dr. Kyoko Sust japanische Kimonos präsentiert. Die jährlich stattfindende Kunstwoche bildet den Veranstaltungshöhepunkt des Jahres.

Ortsansicht ven Kleinsassen


Die Geschichte des Malerdorfes Kleinsassen begann Mitte des 19. Jahrhunderts, als Maler (Professoren und Kunstschüler) aus Akademien wie Düsseldorf, Berlin, Weimar, München, Dresden und Leipzig das kleine Dorf und die Landschaft der Rhön für ihre Malerei entdeckten. Bis ca. 1933 kamen mehr als 80 Maler hierher, darunter Arnold Böcklin, Friedrich Preller der Ältere, Friedrich Preller der Jüngere, Erwin Spindler, Otto Ubbelohde, Petro Schmigelow, Albrecht Riedesel Freiherr zu Eisenbach aber auch Erich Heckel, Mitbegründer der Künstlervereinigung „Brücke“.

Straße während der Kulturwoche mit Ständen


Besonders hervorzuheben sind die beiden Maler Julius von Kreyfeld und Paul Klüber, die beide dauerhaft in Kleinsassen lebten und zu bedeutenden Vertretern der Rhönmalerei wurden.
Von 1881 an kam der Dresdner Landschafts- und Marinemaler Friedrich Preller der Jüngere mit seinen Schülern von der Dresdner Kunstakademie nach Kleinsassen. 1883 war auch Julius von Kreyfelt mit dabei, der 1887 erneut nach Kleinsassen kam und dort sesshaft wurde.
Ein Jahr später heiratete er die Witwe des Leipziger Malers Edmund Voiges, die wegen ihrer Schönheit auch „Rhönröschen“ genannt wurde. Um die Jahrhundertwende eröffnete Kreyfeld ein vierstöckiges Malerhotel mit Ateliers und von 1919 bis 1924 bewirtschaftete er auch die Milseburghütte des Rhönklubs.
Mit der Anwesenheit Kreyfelds erfuhr die Malerei in Kleinsassen einen weiteren Auftrieb und die Malerkolonie war zu dieser Zeit ein fester Bestandteil der dörflichen Gemeinschaft. Der Erste Weltkrieg und die darauf folgende Inflation beendeten das Künstlerleben in Kleinsassen.
Julius von Kreyfeld entwickelte sich zu einem der produktivsten und zugleich erfolgreichsten Rhönmaler sowie zur Zentralfigur des Malerdorfes Kleinsassen. 1947 starb der Maler Prof. Julius von Kreyfeld hier im Alter von 84 Jahren.

Metallplastik


Paul Klüber wurde 1904 als sechstes und jüngstes Kind einer bürgerlichen Familie in dem kleinen Rhöndorf geboren und entdeckte schon bald sein Interesse und Talent für die Malerei. Als Sohn eines Landbriefträgers wuchs er in armen Verhältnissen auf und verlor im Alter von 10 Jahren seine Mutter. Die Maltechniken eignete er sich ohne spezielle Ausbildung selbst an und sagte dazu:

Bildhauer beim Schnitzen von Speckstein


„Entweder man hat das Talent, dann braucht man das Studium nicht, oder man hat es nicht, dann nützt der akademische Unterricht auch nichts.“

Ein Landschaftsgemälde während seiner Entstehung


Für kurze Zeit war er an der Kasseler Kunstakademie eingeschrieben, kehrte aber bald wieder in seine Heimat zurück. Er entwickelte einen ureigenen Malstil und war der einzige bedeutende in Kleinsassen geborene Maler. Sein Lieblingsmotiv war die Milseburg von der Westseite.
Da sich seine ernsthaften Werke nicht besonders gut verkauften, war er gezwungen viele triviale Bilder für den Alltag zu malen, wobei seine Spezialität Stillleben mit der Rhöndistel als Motiv waren.
Im Herbst 1944 wurde Paul Klüber zur Wehrmacht eingezogen und an der Ostfront eingesetzt, von wo er nicht mehr zurückkehrte. Mit ihm und Julius von Kreyfeld, drei Jahre später, starb die Tradition der Malerkolonie in Kleinsassen.

Mehrere Muschelanhänger


Erst 1979 erfuhr diese Tradition auf Initiative der Kleinsassener Gerhard Trapp und Emil Huder mit der Ausstellung „Kleinsassener Maler (von Kreyfelt und Klüber) und Zeitgenössische Künstler“ eine Wiederauferstehung.
Durch diese Ausstellung beeindruckt, regte der Landrat Fritz Kramer die Gründung der Kunststation Kleinsassen an. Die Umsetzung erfolgte durch Peter Ballmaier, den damaligen Leiter der VHS des Landkreises, und den international bekannten und für die VHS tätigen Künstler Jürgen Blum (Gerhard Jürgen Blum-Kwiatkowski).
Ballmaier übernahm die Leitung des Tagesgeschäftes, während Blum, der am 11. August in Hünfeld verstarb, für die Konzeption der Ausstellungen und Veranstaltungen verantwortlich war. Die für die Kunststation benötigten Räume fanden sich im ehemaligen Schulgebäude. Blum war auch verantwortlich für die Kunstwoche in Kleinsassen, die ebenfalls erstmalig 1979 stattfand.

Verschiedene emaillierte Keramiken


Durch sein Engagement stellten die Kleinsassener ihre Ställe, Scheunen und Höfe als Ausstellungsräume bereit. 1987 verließ Jürgen Blum die Kunststation Kleinsassen um in Fulda die Projektgalerie New Space zu eröffnen.
1985 war das Jahr der vorläufig letzten Kunstwoche. Im Jahr darauf fand keine Kunstwoche statt. Um diese Ereignis fortzuführen wurde ein Arbeitskreis gegründet,der 1987 die Kunsttage Kleinsassen organisierte.
Ebenfalls 1987 gründeten Wolfgang Hickmann (Eschwege), Gerhard Trapp (Kleinsassen), Emil Huder (Kleinsassen), Alfred R. Krönung (Fulda), Annemarie Heckel (Büdingen), Josef Diegelmann (Künzell), Robert Becker (Fulda), Werner Hofmann (Bad Neustadt/S.), Margot Hickmann (Eschwege) und Lothar Reichardt (Hilders/Dörmbach) den Verein „Malerdorf Kleinsassen“. Dieser führt seitdem die Organisation der Kunsttage fort, die 1999 wieder in Kunstwoche Kleinsassen umbenannt wurden.
Seit der ersten Ausstellung 1979 erlebten Kleinsassen und auch die Kunststation zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen.

Musiker bei einem Live-Auftritt Garage mit Ausstellungsständen Netzwerkmitglied Alexander Sust und Ehefrau Dr. Kyoko Sust.



Weiterführende Links:

www.malerdorf-kleinsassen.de
www.kleinsassen.de