Die Kaiserstraße (Grande Route Imperiale) zwischen Paris und Mainz
Im Ergebnis der Koalitionskriege zwischen Frankreich, Österreich und dem Heiligen Römischen Reich wurden im Frieden von Luneville (1801) die von Frankreich eroberten linksrheinischen Gebiete in den französischen Staat eingegliedert und in Départements umgebildet. Im VIA REGIA-Korridor betraf das vor allem die heutigen deutschen Bundesländer Saarland und Rheinland-Pfalz. Das Département du Mont-Tonnerre (Département Donnersberg) umfasste die heutige Pfalz und Rheinhessen mit der Hauptstadt Mayence (Mainz).
Schon 1798 regte der Präfekt des Saardépartements die Verlängerung der bestehenden Straßenverbindung Paris-Saarbrücken nach Mainz an. Als man 1806 mit der Realisierung dieser Idee begann, verfolgte man das Ziel, das linksrheinische Département Donnersberg in politischer, wirtschaftlicher und vor allem militärstrategischer Hinsicht enger mit dem französischen Mutterland zu verbinden. Nicht zuletzt förderte die durch die kaiserlichen Feldzüge im Osten notwendig gewordene Verlegung von Napoleons Hauptquartier nach Mainz die Ausführung des Projektes.
Die französischen Ingenieure, die mit Unterstützung einheimischer Fachkräfte das Projekt leiteten, strebten einen möglichst geradlinigen Straßenverlauf an, der größere Steigungen vermied. Fortlaufende Truppenbewegungen und der schleppende Eingang der aus Steuern des Départements finanzierten Baugelder führten jedoch dazu, dass die Kaiserstraße zwischen Kaiserslautern und Lohnsfeld erst 1811 fertiggestellt werden konnte. Vollendet wurde sie nie. An ihrem Bau waren ständig ca. 900 Arbeitskräfte beteiligt. Sie mussten unentgeltlich Hand- und Spanndienste leisten, d. h. mit ihren Fuhrwerken Baumaterialien transportieren und mit
Schaufel und Hacke bei der Anlage der 10 Meter breiten und in der Mitte mit einer 6 Meter breiten Pflasterung versehenen Straße mithelfen.
Eine Begleiterscheinung des Straßenbaues war, dass Napoleon mit seinem Gefolge des öfteren den neuen Verkehrsweg nach Mainz und Paris benutzte. Der Kaiser, der meist mit mehr als 20 Wagen sowie über 100 Pferden auf der mit jungen Laubbäumen und Pyramidenpappeln bepflanzten Allee unterwegs war, ließ sich hierbei in jeder Stadt und jedem Dorf mit Glockengeläut und Böllerschüssen von Behördenvertretern und festlich gekleideten Mädchen begrüßen.
Im Ergebnis des Wiener Kongresses (1814/ 1815) fiel das Gebiet an Bayern und die bayrische Regierung kümmerte sich kaum noch um die Instandsetzung der Kaiserstraße. Tiefe Schlaglöcher und der aufgefahrene Grundbau der Straße erschwerten den Verkehr immer mehr. Ende der dreißiger, Anfang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts mieden Reisende zunehmend die bayrische Pfalz und nahmen, um nach Mainz zu gelangen, lieber den Umweg über die benachbarte preußische Rheinprovinz in Kauf. Auf den sehr guten preußischen Straßen ließ es sich angenehmer reisen.
In einem Straßenzustandsbericht aus dem Jahre 1847 heißt es über die ehemalige Grande Route Imperiale: „Von Lohnsfeld ab ist diesselbe nicht mehr eine technische gebaute Straße, sondern ein Feldweg zu nennen, der einem neu geackerten Felde gleicht. Ohne feste Grundlage und Gestück entbehrt sie noch jedes Deckmaterial und die Pferde haben Mühe, den besonders bei schlechtem Wetter bis an die Achsen im Kot steckenden Wagen im Schritt weiter zu schleppen. Dabei ist dieselbe so schmal, dass 2 Wagen nur mit Mühe, an vielen Stellen wegen der auf der Seite Schuh hoch aufgetürmten Kothaufen gar nicht ausweichen können...“
Heute ist die alte Kaiserstraße ein Teilstück der ehemaligen Bundesstraße 40 zwischen Mainz und Saarbrücken. Auf einem 35 km langen Abschnitt im Saarland und in Rheinland Pfalz hat sie fast durchgehend in allen Ortschaften bis heute diesen Namen, anderenorts heißt die Straße auch „Mainzer Straße“, „Pariser Straße“ oder auch „Saarstraße“. In Frankreich ist sie auf dem gesamten Abschnitt zwischen Paris-Porte de Pantin und Goldener Bremm (Bremm d‘Or) heute annähernd die Route nationale 3.