Der Erfurter Fürstenkongress
Am 4. August 1807 wurde durch ein Dekret Napoleons Erfurt in Thüringen wegen seiner Lage an der VIA REGIA und der damit verbundenen militärstrategischen Bedeutung im Zentrum der besetzten deutschen Territorialstaaten zur „domaine réservé à l’empereur“, zur kaiserlichen Domäne, erklärt. Diese besondere staatsrechtliche Stellung Erfurts war ausschlaggebend für die Wahl des Ortes, an dem sich Napoleon mit dem russischen Zaren Alexander I. nach der Begegnung in Tilsit vom 7. Juli 1807 erneut treffen wollte. Der Vorschlag erging im April 1808 vom Kaiser an den Zaren. Am 27. September 1808 hielt Napoleon gemeinsam mit Alexander I., den er in der Nähe von Linderbach zwischen Erfurt und Weimar empfangen hatte, unter dem Geläut der Glocken Einzug in Erfurt.
Vom 27. September bis 14. Oktober 1808 fand in Erfurt, gekrönt vom Treffen des französischen Kaisers und des russischen Zaren der Erfurter Fürstenkongress statt. 38 mit Napoleon verbündete Herrscher Europas, unter ihnen drei Könige, trafen sich in der thüringischen Stadt, um eine Neuordnung Europas zu beraten. Erfurt, das zu dieser Zeit schon lange in wirtschaftliche, politische und geistig-kulturelle Bedeutungslosigkeit verfallen war, wurde dadurch für kurze Zeit zu einem Zentrum europäischer Politik.
Trotz aller Kurzlebigkeit und Widersprüchlichkeit ist der Erfurter Fürstenkongress ein herausragendes und signifikantes Ereignis in der europäischen Geschichte. Politisch gesehen war die Allianz freilich nicht von langer Dauer. Der Einmarsch der Grande Armée 1812 in Russland beendete diesen Versuch einer Neuordnung Europas endgültig und ließ ihn in Blut, Flammen und schließlich den eisigen Fluten der Beresina ertrinken.
Napoleon wohnte in der ehemaligen Kurmainzischen Statthalterei, die damals als Gouvernementspalast diente und heute die Thüringer Staatskanzlei beherbergt. Der Zar residierte ebenfalls in Erfurt in dem heute noch erhaltenen Haus des Fabrikanten Triebel, Anger 6.
Wie es den Gepflogenheiten der Zeit entsprach, war nach außen hin der Kongress vor allem eine Fülle von Empfängen, Bällen und Theateraufführungen, in deren Hintergrund im großen Eckzimmer des Gouvernementsgebäudes Kaiser und Zar unter Beteiligung ihrer Minister diplomatische Verhandlungen führten.
Am 8. Oktober 1808 wurde der preußisch-französische Vertrag gegen Österreich unterzeichnet.
Am 12. Oktober 1808 wurde die „Erfurter Konvention“ unterzeichnet, welche die französisch-russische Allianz konsolidieren sollte. Es erging ein Friedensangebot an England auf der Grundlage der bestehenden Verhältnisse, Zuerkennung der Donaugrenze an Russland, Reduzierung der Kriegskontributionen von Preußen auf 120 Mill. Francs.
Am 14. Oktober reisten beide Kaiser aus Erfurt ab.
Der nächste Aufenthalt Napoleons in Erfurt war vom 23. bis 25. Oktober 1813 nach der Niederlage der französischen Armeen in der Völkerschlacht bei Leipzig.