Fußnoten:
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1

JOHANNES ROBERT KRETZSCHMAR, Die Entstehung von Stadt und Stadtrecht in den Gebieten zwischen der mittleren Saale und der Lausitzer Neiße, Breslau 1905, Nachdruck Aalen 1991, S. 95.
2


ECKHARD MÜLLER-MERTENS, Die Reichsstruktur im Spiegel der Herrschaftspraxis Ottos des Großen. Mit historiographisehen Prolegomena zur Frage Feudalstaat auf deutschem Boden, seit wann deutscher Feudalstaat? (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte, Bd. 25), Berlin 1980, S. 238.
3


GERHARD BILLIG, Das Reichsland Pleißen und Burgenbau im 12. Jahrhundert - Entwicklungsbild und Fragen chronologischer Einordnung, in: Burgenforschung aus Sachsen 12 (1999), S. 3-48, hier S. 43, Anm. 170.
4


Alle Zitate nach CASPAR EHLERS, Die Auswirkungen des mittelalterlichen Reisekönigtums auf die historische Kulturlandschaft, in: Siedlungsforschung. Archäologie - Geschichte - Geographie 21 (2003), S. 83-96.
5 BILLIG, Reichsland Pleißen (wie Anm. 3), S. 43.
6
BILLIG, Reichsland Pleißen (wie Anm. 3), S. 43, Anm. 171.
7
BILLIG, Reichsland Pleißen (wie Anm. 3), S. 43.
8

HANS JÜRGEN RIECKENBERG, Königsstraße und Königsgut in liudolfingischer und frühsalischer Zeit (919-1056), in: Archiv für Urkundenforschung 17, H. 1 (1941), S. 32-154 [Nachdruck Darmstadt 1965].
9 RIECKENBERG, Königsstraße und Königsgut (wie Anm. 8), Karte Taf. I.
10

Der rechnerische Maßstab wurde aus dem in der Karte Taf. I enthaltenen graphischen Maßstab mit annähernder Genauigkeit ermittelt.
11 11 BILLIG, Reichsland Pleißen (wie Anm. 3), S. 44, Abb. 10.
12


PAUL GRIMM, Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle der Bezirke Halle und Magdeburg (Handbuch vor- und frühgeschichtlicher Wall- und Wehranlagen, Teil 1), Berlin 1958,
Karte S. 62, Abb. 14.
13
GRIMM, Burgwälle (wie Anm. 12), S. 45.
14
GRIMM, Burgwälle (wie Anm. 12), S. 45.
15


DIETRICH DENECKE, Methodische Untersuchungen zur historisch-geographischen Wegeforschung im Raum zwischen Solling und Harz. Ein Beitrag zur Rekonstruktion der mittelalterlichen Kulturlandschaft (Göttinger Geographische Abhandlungen, Heft 54), Göttingen 1969.
16


BILLIG, Reichsland Pleißen (wie Anm. 3), S. 43. „Die grundsätzlichen Zusammenhänge zu Itinerar, Herrschaftsverwirklichung, Aufenthaltsorten und Burgenbau können hier nicht erörtert werden und bieten kein einheitliches Bild. Viele Fragen erscheinen offen." (S. 29, Anm. 136).
17 RIECKENBERG, Königsstraße und Königsgut (wie Anm. 8), S. 142.
18


Memleben. Königspfalz - Reichskloster - Propstei, hrsg. von HELGE WITTMANN, Petersberg 2001; - DERS., Auf den Spuren Ottos des Großen in Sachsen-Anhalt: „Memleben", in: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 9 (2002), S. 15-20.
19





Mitunter werden Zweifel geäußert, wie denn Memieben vor tausend Jahren ein so bedeutender Ort im Reich gewesen sein könne, wo es sich doch heute nur um ein kleines abgelegenes Dorf weitab der Fernverkehrslinien handele. Dazu muss sich der Betrachter nicht nur in die betreffende Zeit zu versetzen versuchen, sondern es ist auch ganz konkret nach Möglichkeiten einer damaligen Infrastruktur zu fragen. Vgl. EHLERS, Reisekönigtum (wie Anm. 4); JOACHIM EHLERS, Otto II. und Kloster Memleben, in: Sachsen und Anhalt 18(1994), S. 51-82.
20 20 Vgl.Anm. 18
21



Zu Domburg, der nach wie vor ungeklärten Lokalisierung der ottonischen Pfalz und speziell ihrer möglichen verkehrsgeographischen Einbeziehung in ein zeitgleiches Straßennetz wurde inzwischen eine neu Untersuchung vorgelegt: PIERRE FÜTTERER, Dornburg an der Saale. Einbindung ins Wegenetz und historische Verortung. Magisterarbeit Jena 2006.
22 MÜLLER-MERTENS, Reichsstruktur (wie Anm. 2), S. 238.
23 BILLIG, Die Burgwardorganisation im obersächsisch-meißnischen Raum, Berlin 1989, S. 17.
24 BILLIG, Burgwardorganisation (wie Anm. 23), S. 17.
25


VOLKER SCHIMPFF, Beiträge zur Besiedlungsarchäologie des Thüringer Beckens in der Merowingerzei Ungedruckte Diplomarbeit, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
Halle (Saale) 1987.




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BURG - STRASSE - SIEDLUNG - HERRSCHAFT
Studien zum Mittelalter in Sachsen und Mitteldeutschland

Frühe Verkehrslinien im Dreieck Memleben - Merseburg - Dornburg
Bernd W. Bahn

„Für die Städteentwicklung war es besonders bedeutungsvoll, dass die Burgen meist an wichtigen Heerstrassen lagen; sie wurden so wertvolle Stützpunkte für Handel und Verkehr, vor ihren Mauern wurden die frühesten Märkte ... abgehalten."[1]

„Insgesamt erscheinen die Verkehrsgerüste in der gegebenen Definition als Bestandteil der ottonischen Reichsorganisation, in ihrer Grundlage und Grundführung im allgemeinen jedoch fränkisch-karolingischen Ursprungs."[2]

„Wer die archäologischen Reste von Hohlen und die schriftlichen Zeugnisse vor allem zum Zoll sowie die Veränderungen der Flussübergänge in konkreter Beziehung zur Landschaft interdisziplinär wertet, kommt zu einem dynamischen Straßenbild und tiefgreifenden Veränderungen im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung."[3]

Mit diesen drei Zitaten aus dem Ablauf eines Jahrhunderts soll auf die Frage eingestimmt werden, ob es in einem konkreten Kleinraum unserer heutigen intensivst genutzten und zersiedelten Kulturlandschaft möglich ist, frühe Strukturen von Verkehr und Kommunikation zu rekonstruieren, die einmal bedeutende Örtlichkeiten miteinander verbanden, und warum diese Orte und ihr Verbindungssystem kein Weiterleben erfuhren bzw. ihre Bedeutung als einstige Zentralorte vollständig verloren. Die Fragestellung ordnet sich damit in einen größeren kausalen und regionalen Zusammenhang ein, wonach zu klären ist, ob „das mittelalterliche Reisekönigtum die historische Kulturlandschaft... prägte" [im Zitat umgestellt, Verf.], oder ob „die geographischen oder topographischen Zusammenhänge in Großräumen" eher Einfluss auf die konkrete Ausprägung des Machtausübens „im Umherziehen" hatten. „Inwieweit diese Herrschaftspraxis ... die Kulturlandschaft beeinflusste, beziehungsweise inwieweit diese auf den König wirkte, ist ein zumeist regional begrenzten Studien vorbehaltenes Thema..."[4] Und deshalb soll nachfolgend für einen eng umgrenzten mitteldeutschen Kleinraum nach Strukturdetails weniger, damals als zentral zu bezeichnender Orte und ihren möglichen Verbindungslinien gefragt werden, wovon Letztere vollständig verloren gegangen sind, die Orte heute als wenig bedeutend erscheinen. Dabei kann es sich nur um allererste Überlegungen handeln.

Einen interessanten Aspekt dieses „dynamischen Straßenbildes" stellt die oft mehrfache gleichzeitige Funktion ein und derselben Trasse als Königsweg, Heerstraße, Handelsstraße, Pilgerweg und allgemeine Verkehrs- und Reiseroute dar, worauf der Jubilar in einer Betrachtung des mitteldeutschen Gebietes um Halle (Saale), Querfurt und Altenburg für das 12. Jahrhundert bereits hingewiesen hat[5]. „Beispiele solcher begrenzter Strecken des Zusammenfallens von Königs- und Handelsweg sind möglicherweise Merseburg - Halle, Merseburg - Querfurt, Merseburg - Groitzsch/ Pegau, Altenburg - Zeitz."[6] Dabei erkannte er: „In den Beziehungen nach Altsachsen wirkten die Königswege der ferneren ottonisch-salischen Vergangenheit in neuen Zusammenhängen nach."[7]


Abb. 1:„Reisewege der Ottonen "im südwestlichen Mitteldeutschland. Kartenausschnitt nach Rieckenberg 1941 bzw. 1965, Taf. 1. Von den Nummern bedeuten:10 Balgstädt; 47 Erfurt; 119 Memleben; 163 Saalfeld;186 Thangelstedt; 204 Wallhausen; 205 Weimar

Solche Königswege lassen sich in ihren konkreten Verläufen nur noch schwer ermitteln. Aus den Itinerarangaben sind meist nur einige Stationen und Aufenthaltsorte einer Reiseroute zu entnehmen, ohne dass die Route lückenlos erfasst sein muss, geschweige denn, dass ein genauer Wegverlauf beschrieben worden wäre. Trotzdem gab es immer wieder Versuche, aus diesen Angaben ein Routennetz zu entwickeln. So gelangte Rieckenberg[8] im Ergebnis seiner ausführlichen Behandlung der Königswege liudolfingischer und frühsalischer Zeit zu einer Karte, in der er den „Reiseweg der Ottonen"[9] zwischen Bremen und Brennerpass, Nordseeküste und Böhmen mit den nachweisbaren Reisestationen darstellte. Dabei sind die überlieferten Stationen fast ausschließlich mit geraden Linien verbunden worden, doch wäre bei dem Maßstab von ca. 1:5 Mill. auch gar kein geographisch detaillierter Verlauf einzelner Wegstrecken wiederzugeben gewesen.[10] (vgl. Abb. 1) Der Jubilar wiederum stellte eine Karte des mitteldeutschen Raumes zwischen Elbe und Nordböhmen, Erfurt und Dresden vor mit einem „Entwurf... der Handelsstraßen in Mitteldeutschland um 1100".[11] (vgl. Abb. 2) Diese Karte enthält ein engermaschiges Straßennetz und vermittelt mit gewundenen Straßenverläufen den Eindruck der Geländetreue der Trassen, was eine umfangreiche Geländeerkundung voraussetzen würde und bei dem (nicht angegebenen) Maßstab von nachträglich graphisch ermittelten ca. 1:2.025.000 gar nicht erwartet werden kann.

Abb.2
Abb. 2: Handelsstraßen um 1100 im südwestlichen Mitteldeutschland. Kartenausschnitt nach Billig 1999, Abb. 10.

Als drittes Beispiel sei auf einen Entwurf von Paul Grimm verwiesen; dieser hatte 1958 eine Karte mit einem „Rekonstruktionsversuch der Hauptwege der karolingischen Zeit..." für den Raum zwischen Altmark und Finne (etwa das heutige Sachsen-Anhalt) vorgelegt,[12] betonte aber dazu, „daß die Führung der karolingischen Straßen noch nicht im einzelnen festgelegt ist und deswegen nur Vergleichsmöglichkeiten mit den Straßenzügen des ausgehenden Mittelalters möglich sind".[13] (vgl. Abb. 3)

Interessant ist dabei der jeweils andere methodische Ansatz. Während Rieckenberg von den Itinerarangaben ausging und bei einer nahezu deutschlandweiten Karte keinesfalls geographische Details berücksichtigen konnte, ging Grimm primär von den frühen, im Gelände nachweisbaren Burgen aus, orientierte sich aber für die einzelnen Linienführungen an den „Straßenzügen des ausgehenden Mittelalters".[14] Der Jubilar hat, ähnlich wie von Dietrich Denecke praktiziert,[15] die Zusammenführung der unterschiedlichen Arbeitsmethoden und methodischen Ansätze angemahnt und auch angewendet.[16] Denn bei allen bis hierher zitierten Beispielen war die Erkenntnismöglichkeit aus dem Gelände nicht in Rechnung gestellt worden; das haben erstmals umfassend Denecke und Billig getan.

Abb.2
Abb. 3: „Rekonstruktionsversuch der Hauptwege der karolingischen Zeit" im südwestlichen Sachsen-Anhalt Kartenausschnitt nach Grimm 1958, Abb. 14. Die Nummern bedeuten: 1 Memleben; 2 Wallhausen; 3 "Genee"/ Kleinjena mit der "Via regia"; 4 "Seidinge"/ Burgscheidungen mit der „ Via superior".

Es gibt für die Wege- oder Altstraßenforschung zwei Arbeitsansätze, die sich weitgehend chronologisch zuordnen lassen:

  • Es sind Fundpunkte bekannt - und es ist nach Linien zu suchen, die diese Punkte im Sinne von Kommunikation verbunden haben können. Ein solches Vorgehen kommt hauptsächlich für prähistorische Zeit in Betracht.
  • Eine Verkehrslinie ist bekannt - und es ist nach den Örtlichkeiten zu fragen, die einmal von ihr verbunden worden sind. Das trifft für namentlich überlieferte Straßen zu (etwa via superior, via regia), aber auch für die Abschnitte mit nicht genannten Stationen einer Itinerar Route, wenn es beispielsweise heißt: „980 [...] Memleben - Dornburg - Franken".[17]
  • Eine dritte Situation, methodisch zwischen beiden anzuordnen, ergibt sich grundsätzlich in der Itinerarforschung. Hier kennen wir Orte - mit unterschiedlich großen Abständen dazwischen bzw. mit Überlieferungslücken - und suchen sowohl nach der sie verbindenden Verkehrslinie wie auch zugleich nach den fehlenden (weil nicht genannten) Zwischenstationen, die es aus verschiedenen Gründen gegeben haben muss. Man kann allerdings einen prähistorischen oder frühgeschichtlichen Handelsverkehr über weite Strecken durchaus mit ähnlicher Fragestellung verknüpfen: Tagesetappen, zumal mit Warentransport, erfordern tägliche Rastorte und können aus physisch-praktischen Gründen nicht beliebig ausgedehnt werden. Selbst ein Bote oder Kurier als einzelner Reiter muss Pausen einlegen und das Pferd wechseln. Anders sind Tagesetappen allerdings zu veranschlagen, wenn ein Schiffsverkehr stromabwärts erfolgt.
  • Wenn Orte, aber nicht ihre Verbindungslinien bekannt sind, spielt der geographische Charakter der Landschaft eine ganz entscheidende Rolle für das Auffinden der Trassen. Es hat schon erheblichen Einfluss auf die Wahl einer Route, ob die Strecke nicht auf dem Wasserweg zurückgelegt werden kann, ob Gebirge zu überwinden sind oder umgangen werden müssen, tief eingeschnittene Flusstäler zu queren sind usw. Und bereits an dieser Stelle kommt die jeweilige einstige Kulturlandschaft ins Spiel, denn es gab zu keiner Zeit eine noch nicht anthropogen beeinflusste Naturlandschaft, die mit Verkehrswegen von Grund auf neu zu erschließen gewesen wäre. Außerdem dürfte ein vorgefundenes älteres Wegenetz immer eine Rolle gespielt haben und aufgegriffen worden sein.

Von den drei eingangs zitierten Autoren haben anfangs allein Denecke und der Jubilar eine derartige Arbeitsweise praktiziert, bei der neben den bekannten historischen und archäologischen Fakten großräumiger landschaftlicher Zusammenhang und Detailbeobachtung im Gelände zugleich beachtet und methodisch zusammengeführt worden sind.

Ein solcher komplexer Ansatz bildete auch den Ausgangspunkt, als im Sommersemester 2003 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam von Mediävistik und Prähistorischer Archäologie ein interdisziplinäres Hauptseminar „Wege und Wagen, Pilger und Kaufleute-Kommunikation und Reisen im Mittelalter" veranstaltet wurde. Bei mehreren Exkursionen, vor allem im Saaletal, auf der Finne und im Thüringer Wald, wurden die noch immer zahlreich vorhandenen Hohlwegsysteme, nicht selten von gut erhaltenen Grabhügeln begleitet oder von Burgen gesäumt, den Studenten beider Fachrichtungen nahegebracht und die verkehrsgeographische und verkehrsgeschichtliche sowie chronologische Problematik diskutiert. Zum anderen war bereits mit den verschiedenen Aktivitäten während des in Sachsen-Anhalt veranstalteten Ottonen-Jahres 2001 der Blick auf die Pfalzen bzw. Königsaufenthaltsorte dieser Zeit gelenkt worden.[18] Dadurch war auch Verf. speziell im Umfeld von Memleben zu Geländeerkundungen angeregt worden,[19] die als Ergebnis viele überraschend gut erhaltene, teils ungewöhnlich eindrucksvolle, auf den Ort Memleben bezogene Hohlwegsysteme auffinden ließen. So durchziehen beispielsweise die Abhänge der Finnehochfläche, die das innere Thüringer Becken im Nordosten umrahmt, südwestlich von Memleben mehrere, teils sehr vielgliedrige Hohlwegfächer, denen jenseits der Hochfläche beim Abstieg in das Thüringer Becken ebensolche nicht minder eindrucksvolle Altwegsysteme entsprechen, die nach Reliefbild, Baumbestand und sogar am Grund eines ca. vier m tiefen Hohlweges später gesetzten Grenzsteinen (!) mindestens seit drei bis vier Jahrhunderten nicht mehr als Verkehrsweg benutzt worden sein können. Die Grundrichtung der Trasse weist in südwestlicher Richtung auf Erfurt, und während heute keine einzige Straße mehr die Finne in diesem Abschnitt mit dieser Richtung überquert, muss es doch einmal eine derartige Ferntrasse gegeben haben; wenn etwa Heinrich I. vom Hoftag in Erfurt kommend im Frühsommer 936 nach Memleben zieht, wo er am 2. Juli dieses Jahres stirbt, dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit eine solche fast geradlinige Wegverbindung von Erfurt durch die wenig gegliederte Beckenlandschaft und über die Finnehochfläche benutzt worden sein. Sollte sich also nicht in den genannten, in ausgedehnter Laubwaldgebieten bestens erhaltenen Wegsystemen die zeitlich letzte Ausprägung der Schlussetappe einer sehr viel älteren Trasse zwischen Erfurt und Memleben des Itinerars Heinrichs I. lokalisieren lassen?

Diese und ähnliche Fragen sowie die aus dem o. g. Seminar gewonnenen Erfahrungen führten zur Konzipierung eines interdisziplinären Projektes „Nachrichtenaustausch und Netzwerke - Kommunikation im früh- und hochmittelalterlichen Reich" am Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena, das in den kommenden Jahren verfolgt werden soll. Neben Memleben, das seit 2001 verstärkte Aufmerksamkeit fand [20], stand zunächst Dornburg im Blickfeld, wo es vorerst noch immer um die genaue Lokalisierung der Pfalz geht.[21] Unter Verweis auf Müller-Mertens[22] hat der Jubilar bereits 1989 betont, dass die „dreifache Verankerung der Urkundeninhalte ... Ordnungsprinzipien des frühfeudalen deutschen Staates" widerspiegelt, wobei „traditionelle Burgbezirkselemente sowohl fränkischen wie slawischen Ursprungs fortlebten".[23] Grundlage jeder territorialen Ordnung in Gau, Burgbezirk und Grafschaft sind neben den punktuellen Elementen einer beginnenden Infrastruktur die Verbindungslinien; erst mit diesen lebt der Organismus der „dem König verbundenen regionalen Gewalten".[24] Sie bieten aber auch die Verkehrsbahnen, auf denen sich das Reisekönigtum von Pfalz zu Pfalz (mit allen erforderlichen Zwischenstationen) bewegt, und sie sind nicht zuletzt die Marschwege der Heere ebenso wie die Pfade der Boten. Handelsverkehr und Pilgerwesenentwickeln sich dagegen im ottonischen Sachsen erst allmählich mit der vermehrten Entstehung von Marktorten und einer sich verdichtenden Kirchenorganisation.

An dieser Stelle sind zunächst die unterschiedlichen zeitlichen Angaben der eingangs zitierten Bearbeiter zu kommentieren. Für die Betrachtung frühmittelalterlicher Verkehrsverhältnisse wird man davon ausgehen dürfen, dass die Erschließung und Verwaltung des thüringisch-sächsischen Raumes in den Jahrhunderten nach 531 bzw. 772 auf der Grundlage eine: einfachen Wegenetzes der vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung der frühen Völkerwanderungszeit vorgenommen wurde. Ein solches von den Franken vorgefundenes Wegenetz kann aber nicht nur aus einfachen Ortsverbindungen der ländlichen Siedlungen und Einzelhöfe bestanden haben.[25] Das Erscheinen germanischer Gruppen bereits während der Römischen Kaiserzeit am Limes und im provinzialrömischen Gebiet setzt voraus, dass es Wegverbindungen zu Fernzielen, in diesem Fall von Thüringen bis in das Rhein-Main-Gebiet, und deren Kennt ... Rest fehlt

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