Die alte Handelsstraße Frankfurt - Leipzig
Die kurzen und die langen Hessen - diese beiden bedeutenden hessischen Altstraßen waren das ganze 16. und 17., teilweise auch noch das 18.
Jahrhundert über die Haupthandelswege, die die Messestädte Leipzig und Frankfurt am Main verbanden. Erst der im 18. Jh. einsetzende
Chausséebau hat der Kinzigtalstraße zu ihrer späteren Bedeutung verholfen.
Schon im Jahre 1569 urteilen die Leipziger über diese beiden Straßen: "Wenn man hinnen (Leipzig) auf Frankfurt will, so hat man zweierlei
ordentliche Straßen durchs Land zu Hessen, welche wir und vor uns unsere Vorfahren, eine lange Zeit und weit über Menschengedenken
gebraucht haben. Die eine geht durch die „kurze Hessen“ auf Eisenach, Hersfeld, Alsfeld und Grünberg, die andere durch die „langen Hessen“,
auf Eisenach oder Kreuzburg, Kappel, Spangenberg, Treysa, Kirchhain und Gießen."
Durch die kurzen Hessen
Durch die "kurzen Hessen" verlief der kürzere der beiden wichtigsten Handelswege des Mittelalters und der frühen Neuzeit von Frankfurt nach
Leipzig durch Hessen. Eine noch kürzere Strecke verlief schon seit Urzeiten über die Höhenzüge der Rhön rechts der Nidder (Via Antiqua)
und später weiter südlich über den hohen Reffenkopf (Reffenstraße, Antsanvia). Diese Altstraßen waren aber für Gespanne aufgrund des
Höhenprofils schlechter zu überwinden.
Fuhrleute mit Handelsgütern benutzten wenigstens im 16. Jh. überwiegend die langen Hessen, die sich ab ca. 1100 als eigentliche
Geleitstraße herausbildete, wohingegen die Kaufleute selbst die kurzen Hessen bevorzugten. Die kurze Hessen über Hersfeld war zwar
weniger sicher vor Straßenräuberei als die langen Hessen, bot aber dafür wesentlich kürzere Streckenabschnitte. 1549 wurde das "große Geleit"
auf der kurzen Hessen wegen der hohen Kosten abgeschafft und nur noch aus besonderen Gründen gewährt. Die Kaufleute wurden angewiesen,
die längere Route zu nutzen.
Der Verlauf der Altstraße durch die kurzen Hessen:
Frankfurt - Nieder-Wöllstadt - Ober-Wöllstadt - Friedberg - Dorheim - Wölfersheim - Berstadt - Utphe - Inheiden - Hungen - Grünberg -
Ruppertenrod - Ermenrod - Romrod - Alsfeld - Niederaula - Hersfeld - Kleinensee - Berka - Eisenach – Leipzig.
Nördlich der Burg Friedberg querte die alte Trasse die Usa und führte am Chausseehaus vorbei durch einen heute noch sehr gut erkennbaren
und tief eingeschnittenen Hohlweg nach Schwalheim. Ab Schwalheim zeigen die alten Wegsteine neben der Landstraße den weiteren Verlauf
über den Sauerbrunnen, Dorheim, Wölfersheim, Wohnbach, Berstadt und weiter über Utphe, Inheiden und Hungen an.
Von Hungen zog der alte Handelsweg nordwärts über den Galgenberg und den Galgenwald durch Röthges, wo es heute noch die "Heerstraße" gibt,
weiter zum Hessenbrückenhammer. Dort wurde die Wetter in einer Furt durchquert, um über die Hohe Straße nach Grünberg zu gelangen.
Vor Grünberg hörte das Frankfurter Geleit auf. Unter Geleit wurde um 1735 das verstanden, "was die hohe Landesobrigkeit zu sicherer und
bequemer Geleitung, Forthelfung und Erhaltung der im Lande Reisenden, sonderlich aber derer Handelsleute, verordnen und schaffen muss,
es geschehe nun mit Beschützung derer Straßen vor Raubung und Plackerey oder mit Erhaltung derer Straßen selbst, derer Brücken etc."
Bei Berka befand sich im Mittelalter die einzige Werrabrücke zwischen Creuzburg und Vacha zur Überquerung der Werra.
Schon Luther zog über die kurzen Hessen
Schon Luther wählte den Weg über die kurzen Hessen, als er 1521 zum Reichstag nach Worms zog. Er reiste über Berka, Hersfeld,
Grünberg, Friedberg, Frankfurt und Oppenheim und wieder zurück zur Wartburg.
Durch die langen Hessen
Verlauf der Altstraße durch die langen Hessen:
Frankfurt - Bonames - Ober-Erlenbach - Burgholzhausen - Ober-Rosbach - Ostheim - Nieder-Weisel - Butzbach
oder über Wöllstadt - Friedberg - Bad Nauheim - Butzbach nach
Langgöns - Großen-Linden - Kleinlinden - Ebsdorfergrund - Kirchhain - Langenstein - Erksdorf - Speckswinkel - Momberg - Treysa -
Ziegenhain - Nieder- und Obergrenzebach - Spieskappel - Frielendorf - Homberg/Efze - Fahre - Spangenberg - Bischofferode - Waldkappel -
hier teilte sie sich und führte entweder über Datterode - Netra - Ifta - Creuzburg - Eisenach - Leipzig oder über Eschwege - Mühlhausen – Leipzig
Östlich von Amöneburg traf die lange Hessen mit einer Straße aus dem Kölner Raum zusammen, um die Ohm dort bei der Brücker Mühle
zu überqueren. Schon in einer Urkunde um 1250 wird diese Ohmbrücke als eine steinerne genannt. Nicht weit davon entfernt liegt
das Gasthaus Brückermühle mit der Friedenssäule zur Erinnerung an den Waffenstillstand im Siebenjährigen Krieg 1762, das Reisenden
in früherer Zeit ein Nachtquartier bot.
Im weiteren Verlauf zog die Hauptbahn der langen Hessen über die Zollstation Speckswinkel, wo nördlich des Ortes noch Mitte des
19. Jh. der alte Zollturm sichtbar war, über Momberg und Treysa. "Ferner durch den Leimsfelder Teich, zwischen Leimsfeld und
Schönborn hindurch, durch den Schlag, welcher sich neben dem Thurme am Spieße befand und über Frielendorf nach Homberg."(Landau)
Zur Überquerung der Fulda gab es zwei Möglichkeiten: Sie wurde entweder südlich von Melsungen bei dem Staatsgut Fahre mit einer
Fähre überquert, hier gab es an jedem Ufer eine Herberge, oder dicht bei Altmorschen, wo 1446 eine steinerne Brücke bezeugt ist.
Die Werra wurde bei Creuzburg überquert. Landgraf Ludwig IV. ließ schon 1223 an Stelle einer hölzernen Werrabrücke eine
Natursteinbrücke mit sieben Bögen errichten. Sie soll auch mit dem 200m entferntem „Eisenacher Tor“ der Creuzburger Stadtmauer
verbunden gewesen sein. 1499 wurde am östlichen Ufer die Liboriuskapelle im spätgotischen Stil errichtet.
Von dem Verlauf der kurzen und der langen Hessen kann eigentlich nicht gesprochen werden, da es sich bei den Streckenbeschreibungen
mehr um allgemeine Richtungsangaben als um genaue Reiserouten handelte. Schon zu allen Zeiten zwangen höhere Gewalten wie Hochwasser,
Bergrutsche, Seuchen oder auch Straßenräuber und Großfeuer Reisende dazu, die Reiseroute zu ändern und sich neue Wege oder Flußübergänge
abseits der eigentlichen Straßen zu suchen. Da es sich mehrheitlich um unbefestigte Wege handelte, gab es fast für jeden Streckenabschnitt
alternative Routen oder sich über mehrere km Breite erstreckende parallele Geleise, wo sich Fuhrleute ihren Weg entsprechend der Gegebenheiten
selbst zu suchen hatten.
(Quelle: Christine Bub auf www.altstrassen-in-hessen.de)