Als Kaiser Heinrich VI. (reg. 1190 - 1197) im Jahre 1192 das Hospital in seinen Schutz nahm, bestätigte er diesem auch vier
Hufen in Altenburg und drei Höfe am „neuen Markt“. In der lateinisch abgefassten Handschrift (Original im Sächsischen
Hauptstaatsarchiv Dresden) liest sich das so:
„Specialiter autem confirmamus eidem hospitali quatuor mansos in Aldimburc, tes curtes in foro novo...“
Das heißt zugleich. dass; es den Neuen Markt zu diesem Zeitpunkt bereits gab, ohne dass wir freilich mit Sicherheit zu sagen
vermögen, wie lange davor er bestand. Und ein „neuer Markt“ setzt logischerweise die Existenz eines "alten Marktes" voraus.
Zweifelsfrei lag dieser „alte Markt“ im Bereich des heutigen Brühl. In seiner Dreiecksgestalt verweist der Brühl mit Gewissheit
auf einen frühen Straßenmarkt und markiert den eigentlichen Beginn einer Handels- und Wirtschaftsgemeinschaft als Keimzelle
von Altenburg. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Kaiserpfalz, die sich auf dem trutzigen Burgberg befand, und der
Marktansiedlung am Brühl ist leicht zu erkennen, denn die Kaiserpfalz, musste ständig mit allem Notwendigen versorgt werden -
an Hoftagen waren hier mehrere hundert Menschen und Pferde zu beköstigen. Immerhin diente die Kaiserpfalz Kaiser Barbarossa
(reg. von 1155 bis zu seinem Tod am 10.06. 1190) als zeitweiliger Aufenthaltsort und Wohnsitz, und mindestens sechs seiner
kaiserlichen Besuche sind nachweisbar.
Die Reichsstraße (via imperii), die mit ihren beträchtlichen Fernhandelstransporten von Niedersachsen über Leipzig, Altenburg,
Zwickau und das Erzgebirge bis nach Böhmen führte und unweit der Pfalzanlage verlief, wartete geradezu auf derartige
wirtschaftliche Bedürfnisse, um sich zu einer Marktansiedlung zu verbreitern. Neben Kaufleuten, die ihre Waren anboten,
ließen sich dort schon frühzeitig Handwerker nieder so z.B. Schmiede, Böttcher, Wagner, Stellmacher, Seiler oder Sattler.
Sie waren die Wirtschaftsbasis für die Kaiserpfalz, denn sie boten die Voraussetzungen für die Sicherung eines
Wirtschaftspotentials der Pfalz. Vermutlich schon unter Lothar von Supplinburg kam es um 1135 zur trichterförmigen
Ausbildung einer Kaufmannsansiedlung im Bereich des Brühl, und es mögen wohl zuerst Kaufleute aus dem Niedersächsischen
gewesen sein, die sich am Brühl an der „via imperii“ niederließen. Darauf deutet jedenfalls eine Stadtrechtsurkunde des
Jahres 1256, wenn es darin heißt:
„Sententias extra civitatem requirendas Goslaris in Rufo hostio requiretis“,
übersetzt: „Rechtsbelehrungen, die Ihr außerhalb der Stadt holen müsst, sollt Ihr in Goslar am Roten Tor einholen...“
Es wurde demnach das niedersächsische Recht gesprochen.
Da die niedersächsischen Kaufleute den in ihrer Heimat verehrten heiligen Bartholomäus als ihren Schutzpatron ansahen,
werden sie auch ihm zu Ehren eine Pfarrkiche gebaut haben, also einen Vorläufer der heutigen Bartholomäikirche als Saalbau,
deren Entstehung in das zweite Drittel des 12. Jahrhunderts fällt. Allerdings hat der bisherige archäologische Befund auf
eine Besiedlung vor dem 12. Jahrhundert und auf Reste einer älteren Holzkirche nicht hinweisen können. Ob sich die bislang
schon geäußerten Vermutungen zu einer Ummauerung des Brühl archäologisch nachweisen lassen, muss abgewartet werden.
Noch heute deuten bestimmte Toreinfahrten in die Höfe der Häuser am Brühl mit Sicherheit auf deren Nutzung als Anspannhöfe
für die Fuhrleute. Das Geleitshaus gegenüber dem Seckendorffschen Palais war eine Art Zollstelle bzw. Steuerabgabestelle.
Die etwas versteckt liegende Jahreszahl 1470 weist auf den Beginn dieser wirtschaftlichen Funktion hin, nachdem dort
ursprünglich ein militärischer Standort bestand. Wir hatten also im Bereich des Brühl und der Bartholomäikirche bzw.
ihres romanischen Vorgängerbaus als Siedlungszelle einen Marktflecken vorliegen, der einen entscheidenden Ansatzpunkt
für eine beginnende Stadtentwicklungsplanung bildete, die mit der Bestätigung des Stadtrechts 1256 einen ersten Abschluss
fand.
Quelle: 800 Jahre Altenburger Markt – E. Reinhold Verlag Altenburg