Der Reiseverkehr wickelte sich in früheren Jahrhunderten ausschließlich auf den großen Handelsstraßen ab. Daher waren diese
Straßen sehr belebt Obgleich die Landesherren Geleitsgelder erhoben und zur Instandsetzung der Straßen verpflichtet waren,
befanden sich die meisten Straßen in einem jämmerlichen Zustand. So lesen wir, dass "zwischen Cawartz und Dawartz(Cabarz und Tabarz)
so ein gar böser und toefer Weg ist, dass das junge Vieh an Kälbern und Schweinen darin, wenn es Regenwetter ist nicht kann
Fortkommen wegen des tiefen Schlammes und Koths" (1658).
Dabei war das ein Stück einer nicht unbedeutenden - schon 1399 genannten – Verkehrsstraße, die von Brotterode kommend den
Thüringer Wald überquerte und dann in Mechterstädt die Handelsstraße VIA REGIA nach Erfurt erreichte, aber auch nach Lupnitz
und Mühlhausen weiterführte. Am meisten waren Kaufleute unterwegs, auf die es nicht nur Raubritter, sondern auch Straßenräuber
abgesehen hatten. Wie groß die Unsicherheit auf den Straßen war, zeigt die Gefangennahme des Bischofs von Halberstadt durch die
Herren von Wangenheim bei Kälberfeld im Jahre 1318, die ihnen freilich teuer zu stehen kam. So bildete sich schon frühzeitig ein
Geleitschutz für Menschen und Tiere heraus.
Die Landesherren, die als Eigentümer der Straßen für die Sicherheit Sorge zu tragen hatten, bestellten zu diesem Zwecke
berittene Knechte sogenannte "Geleitsreiter"., die den Schutz der Reisenden übernahmen, wofür diese ein Geleitsgeld zu zahlen
hatten. Die zunehmende Sicherheit machte später die Begleitung eines bewaffneten Schutzes überflüssig. An seine Stelle trat
das "tot Geleit", das heißt, die Fuhrleute erhielten in den Geleitshöfen gegen eine Abgabe einen "Geleitszettel", der zur Fahrt
zum nächsten Geleitshof berechtigte. "Der älteste Verkehr mußte die Täler und Einsenkungen möglichst meiden und sich ganz auf
die Höhen oder an den Abdachungen der Hügel halten". Von hier aus war es verständlich, dass die Straße durch das Hörseltal
nicht wie heute durch die damals versumpfte Taltiefe führte, sondern seit alters sich am Hang des Berges eingebettet hatte.
So kümmerlich, wie diese "Straße" uns heute erscheinen möchte, wenn wir ihren Lauf von Sättelstädt über Kälberfeld bis nach
Wutha als Spaziergänger verfolgen, es war doch die "uralte von den reichentwickelten niederländischen und rheinischen
Kulturgegenden bis zu den fernen slawischen Orten strebende Völkerstraße" , die oft erwähnte "Königsstraße" (1552) ,
„Fern von bergiger Wildnis ... und doch auf genügend hoch gelegenem Weg“ daher auch die "Hohe Straße* genannt. In Sättelstädt
führte eine Abzweigung durch die "Tiefe Furt" (1436) der Hörsel in Richtung Waltershausen weiter. Von einem Brückenbau wird
erst 1634 gesprochen, als man "Kalk zur Brücke" beschaffte. 1694 ist dann von einer "steinern Brücke" die Rede.
Hatte sich der Verkehr bis Mitte des 18. Jahrhunderts auf der nicht gerade bequemen am Berghang gelegenen Fahrstraße
(dem jetzigen "Stieg") abgespielt, so wurde um 1750 die "neue Kunststraße" links der Hörsel in der Taltiefe verlaufend gebaut.
Denn "anno 1756 ist der Grund zu der neuen Brücke über den Hörschelfluss geleget worden. Dieser Brückenbau wird auf 24.000 Taler
geschätzt.Es wurde hiesiger Gemeinde zugemutet, 400 Taler zu zahlen oder 200 Ruthen Steine von Sättelstädt in die Schönau zu
fahren ". Diese Brücke hielt bis 1993 und wurde 1994 durch eine neue ersetzt.
Im Jahre des Brückenbaus wurde wohl auch das "Zollhaus" errichtet. Von einem Brückengeld, das ursprünglich in Höhe Von
6.gr für jedes Fahrzeug gezahlt werden sollte, wurde schließlich Abstand genommen; aber seit 1771 mußte ein Wegegeld gezahlt
werden, das 1774 "auf 11 Pferde nach Eisenach mit Ziegel 3 gr 8 &“ betrug.
1795 wurde für eine Holzfuhre von Winterstein 1 gr gefordert. Schon 1682 wird ein Schlagbaum bei der „Kayserin Haus“
erwähnt (Ehefrau des Jakob Kayser, gest. 1677). Alle, die Brücke überquerenden Personen, zahlten nur für eine Meile,
der Pfarrer war auf den Wege zu seinen Amtshandlungen von der Zahlung befreit. Dem Verkehr innerhalb des Dorfes dienten
mehrere Brücken. So verband der "Große Steg" wie noch heute das Kirchdorf mit dem Dorfteil links der Hörsel; er wurde 1659
mit Lehen versehen.
An Brücken gab es noch den "Emsesteg", an dem 1631 das Ufer vermauert wurde, ferner die Brücke am Backhaus, die 1686
erneuert wurde, wobei der Bornmüller die Hälfte der Kosten tragen mußte. Über das "Dorfwasser", das am Großen Steg in die
Hörsel mündet und heute unterirdisch verläuft, gab es noch einen Steg am "Junkershaus" sowie am "Edelfrauenhaus" (1673).Auch an
Joh. Luxens Mühle, (1675) und am alten Brauhaus im Kirchdorf waren Stege (1643).
Nachdem vom Verkehr außerhalb und innerhalb des Dorfes die Rede war, wollen wir uns die Frage stellen, wie es um die
Postbeförderung in früheren Zeiten bestellt war. Zur "ungemessenen Fron" der Hintersiedler, die Handfroner waren, gehörte
neben anderen Dienstleistungen auch die Verpflichtung, für die Lehnsherrschaft unentgeltlich oder gegen eine kleine Vergütung
Botengänge zu verrichten. Dieses "Briefetragen", oder "Botschaftbringen", das sich oft über weite Entfernungen erstreckte,
mußte bis 1225 auch an Sonntagen verrichtet werden. Der Aufschwung der Städte aber ließ bald das Bedürfnis nach einer geregelten
Postbeförderung entstehen, die zunächst durch städtische Boten vermittelt wurde, dann aber bald einen eigenen Berufsstand
entstehen ließ. In Süddeutschland gab es die sogenannte "Metzgerpost". Metzger erledigten bei ihren Fahrten zum Viehaufkauf
auch die Beförderung der Briefe. Sie ließen bei ihrer Ankunft am Bestimmungsort Hornsignale ertönen und sind wohl so zu
"Erfindern" des Posthorns geworden. Nachdem der Fußbote durch den Reiter ersetzt worden war, lag ein Fortschritt darin, dass
regelrechte Staffellinien sich herausbildeten. Wegweisend war dabei die Pioniertätigkeit der Familie Thurn und Taxis.
Nun führte die Reiseroute der gelben Postkutsche, die mehr für den Gütertransport als für die Beförderung von Personen
geeignet war, auch durch unser Dorf.
In der alten "Herber", wohl dem ältesten Gasthaus am Ort (schon 1525, 1646, 1672 erwähnt), hielt die Postkutsche und
wechselte die Pferde. Hier verzehrte der Postillion schon 1520 sein bescheidenes Frühstück . Durchreisende Fuhrleute
übernachteten hier und brachten ihre Pferde in den geräumigen Ställen unter, während der Wagen auf den freien Platz
zwischen Herber und Saugasse, der damals noch unbebaut war, abstellen konnten. Für einen Brief, der von Coburg nach
Eisenach befördert wurde, zahlte man 1705 1 gr 6 & . Auch die Personenbeförderung war gar nicht so billig. So zahlte ein
Fahrgast für die Meile 5 gr , ein fürstlicher Bedienter für die Reise von Coburg bis Saalfeld einen Taler.
Wenn Nachbar Andreas eine Reise machte und dann daheim in der Schenke den gespannt Lauschenden von fremden Ländern und
Städten erzählte, dann mußte er sich das schon etwas kosten lassen. Anders war es, wenn er als Straßenfuhrmann, die
Welt kennenlernte oder wenn er sich zum Kriegsdienst anwerben ließ, um fremde Länder und Menschen kennen zu lernen,
wie die beiden Brüder Rudloff im Spanischen Erbfolgekrieg . Ein weiterer Schritt, der neue Möglichkeiten für den Verkehr
in unserer thüringer Heimat erschloß, der aber zugleich das Ende der Postkutsche bedeutete, war der Bau der Eisenbahn
Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Dr. Herbert Kosak
Quelle: Aus Sättelstädts Vergangenheit
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