Das Mühltal bei Jena

Das Jenaer Mühltal ist ein Seitental des Saaletales und erstreckt sich von der Papiermühle bis Isserstedt. Durch das Mühltal, das heute größtenteils bewaldet ist, verläuft die B7. Den jetzigen Verlauf hat die Chaussee erst seit 1844. Um dem Hochwasser des Baches Leutra zu entgehen, verlief die Straße früher an Isserstedt vorbei über den höher gelegenen, damals nahezu unbewaldeten Schneckenberg. Wegen der scharfen Kurven ereigneten sich dort oft Wagenunfälle.

Von der Leutra, die im Tal fließt, wurden Anfang des 19. Jahrhunderts neun Mühlen getrieben (Papiermühle, Schleifmühle, Paraschkenmühle, Kupfermühle, Weidigsmühle, Neumühle, Ölmühle, Plumbmühle, Ziegelmühle). Eine dieser Mühlen war die Papiermühle, die sich am östlichen Eingang des Mühltals befindet. Nach einer Urkunde stand bereits 1209 an der Stelle der späteren Papiermühle eine Wassermühle. Im Jahre 1657 kaufte sie Joachim Heinrich Schmidt, ein Papiermacher aus Oberweimar. Nach einer Anordnung des Herzogs musste er die alte Nasenmühle weiter betreiben und seine Papiermühle daneben bauen. Sie war die erste ihrer Art in der Umgebung Jenas. In Jena gab es viele Buchdrucker, die das Papier kauften. 1870 stellte die Papiermühle ihren Betrieb ein, da sie mit den billigeren Produkten aus den Fabriken nicht mehr konkurrieren konnte. 1890 ließ der Müller nebenan einen Gasthof erbauen, dem heute eine kleine Hausbrauerei angegliedert ist. Bemerkenswert ist die über 400-jährige Linde im Hof des Anwesens, die zu den ältesten Bäumen in der Jenaer Umgebung gehört. Die Mühle musste 1905 abgebrochen werden, da sie einzustürzen drohte.

In den Jahren 1830 und 1909 führte die Leutra Hochwasser und richtete in Jena beträchtlichen Schaden an. Da die Stadt immer größer wurde, legte man für den Bach ein Röhrensystem zur Wasserversorgung an. Im Paradies in der Nähe des Bahnhofs mündet die Leutra in die Saale. Den letzten Kilometer fließt sie unterirdisch.

300 m westwärts der Papiermühle erhebt sich die Lutherkanzel (Litter, Luthera, Liutdraha = klares Wasser), ein Felsvorsprung am Nasenberg oberhalb der Nasenquelle (Ursprung des Leutrabaches) am Südhang der Sonnenberge.

Ungefähr in der Mitte des Mühltals befindet sich das Gasthaus „Carl August“. Der Obelisk mit den Initialen „C. A. 1823“ gegenüber der Gaststätte erinnert daran, dass die Weimarische Regierung unter Großherzog Carl August die Straße von Weimar nach Jena bauen ließ. Am 13. April 1945 kamen amerikanische Truppen auf ihrem Marsch nach Jena an diesem Gasthof vorbei.

Das Mühltal hatte noch im 18. Jahrhundert den Ruf eines der rauhesten Gegenden bei Jena zu sein, da sich dort oft zwielichtige Gestalten aufgehalten und die Reisenden belästigt haben. Bis in das 17. Jahrhundert hinein gab es hier Wölfe und die Stadt Jena zahlte hohe Abschussgelder. Nach alten Aufzeichnungen gab es zwei anrüchige Spelunken, die im Volksmund „Die böse Grind“ und „Die Filzlaus“ genannt wurden.

Der Schriftsteller Georg Friedrich Rebmann schrieb 1793 über das Mühltal:
„Der Weg von Jena nach Weimar führt durch ein Tal, das Mühltal genannt, hässlich kahl und wild, von schroffen Bergen eingeengt, so dass die Breite der Straße auch beinahe an manchen Orten das Tal ausmacht – eine Schlucht, wo außer ein paar halberstorbenen Fichten fast kein Gräschen keimt. Alles ist darin öde und schauerlich, und man gewahrt kaum zu Zeiten ein paar Krähen. Das ganze Tal, das äußerst leicht überschwemmt wird, erinnerte mich immer lebhaft an die Erzählung in Veit Webers „Sagen der Vorzeit“: „Der Müller im Schwarztale“. Wirklich existierten auch hier ehedem ein paar Gasthöfe mit ominösen Namen, deren Besitzer von Plünderung und Mord ihrer Gäste sich nährten und von denen man noch einige Rudera (also Überbleibsel – D. Ignasiak) zeigt. Dies öde traurige Tal währt bis zur Schnecke – einem sonst schwer zu befahrenden Berge, von wo aus ein guter Straßendamm anfängt.“

Literatur:
Autorenkollektiv: Jena und Umgebung Tourist-Stadtführer. VEB Tourist Verlag. Berlin Leipzig DDR, 1977
Dittrich/Köhler: Wandern in Jena Stadtnahe Rundwanderungen. Jenzig-Verlag Gabriele Köhler. Golmsdorf bei Jena, 2004
Ignasiak, Detlef: An der Saale und im Holzland - Ein kulturhistorischer Führer. quartus-Verlag. Jena, 1997
Friedel, H.: Auf Jenas Wanderwegen. jena-information. Jena,1984
Traeger, I.: Die schönsten Wanderungen in und um Jena. Jenzig-Verlag Gabriele Köhler. Jena, 1999