Kamen Pawlow
VIA REGIA - das ist einer von vielen Namen der Straße von Paris nach Kiew über die Messe-Metropolen Frankfurt am
Main und Leipzig und Leipzig, auf der völkerverbindender Kulturaustausch seit dem frühen Mittelalter stattfand. Als Handels-,
Heeres-, Pilger-, und Postweg oder als Königsstraße führte sie u.a. durch fränkisches, hessisches, thüringisches, sächsisches
und slawisches Siedlungsgebiet.
Die Thüringer besaßen zur Völkerwanderungszeit ihr eigenes Königreich mit Zentrum im Thüringer Becken, das von den Franken
und Sachsen von Westen und Norden bedrängt wurde, bis es in einer Entscheidungsschlacht an der Unstrut im Jahr 531 n.Chr.
unterging. Die damals vorhandenen Straßen, kreuz und quer durch das Römische Reich waren gepflastert und hatten vielfach nur
geringe Steigungen. Sie wurden bewusst in bestimmte Richtungen gebaut, bestens geeignet für schnelle Truppenbewegungen. Auf
germanischem Boden dagegen entstanden die Wege und änderten oft ihren Verlauf. Sie waren unbefestigt und wurden kaum in Karten
festgehalten, daher ist auch eine exakte Streckenführung der VIA REGIA nur schwer nachvollziehbar.
Auf mittelalterlichen Pfaden lebte man recht gefährlich, nicht nur wegen der Wegelagerer und Raubritter. Es bestand auch die
permanente Gefahr, im Schlamm stecken zu bleiben oder in einem Schlagloch gänzlich zu verschwinden. So nahm man oft die Strapazen
von Steigungen auf hohen, trockenen Straßen durch die Mittelgebirge in Kauf. Die maximale Distanz, die von beladenen
Pferdegespannen an einem Tag geschafft werden konnte, war kaum länger als 30 km. An den Rastplätzen bildeten sich
Handelssiedlungen und so auch Stätten kultureller Begegnungen.
In Thüringen reihen sich heute entlang der VIA REGIA - an einigen Abschnitten identisch mit der B 7 und der Klassikerstraße,
parallel zur Eisenbahn und zur Autobahn - die alten Kulturstädte Eisenach, Gotha, Erfurt. Im 1 8.Jh. entstanden auch abseits
der alten VIA REGIA neue Straßen, sogenannte Kunststraßen, und viele der alten Wege wurden befestigt. Diese Kunststraßen
bezeichnete man als Chausseen. Die Thüringer Perlenkette bedeutender Städte verlängerte sich: Weimar, Jena, Eisenberg, Gera
und Altenburg kamen hinzu.
Die VIA REGIA kreuzte andere wichtige Straßen, in Erfurt u.a. nahe der Krämerbrücke die Nürnberger und die Böhmische Straße.
Sie wurde überwacht, durch Burgen wie die Wartburg und die Eckartsburg; sie überwand Grenzen, wie bei Vacha, wo die Werra
fränkisches und thüringisches Gebiet trennt. Vacha wurde bereits 1186 als Stadt mit einer Holzbrücke über die hier in drei
Armen fließende Werra erwähnt. Der Bau der Steinbrücke von 1342 soll sich sehr schwierig gestaltet haben. Eine Sage berichtet,
dass der mittlere Bogen immer wieder einstürzte, bis ein neugeborenes Kind lebendig eingemauert wurde.
Die Straße verzweigte sich. So zum Beispiel konnten die Händler, von Frankfurt am Main kommend, Erfurt auch erreichen,
indem sie sich mit Esel und Fuhrwerk auf Gebirgswegen von Rhön und Thüringer Wald bewegten. Eine Hohe Straße führte bei
Walldorf von der Furt durch die Werra zur Fachwerkstadt Schmalkalden (Renaissanceschloss Wilhelmsburg), den letzten großen
Sammelplatz vor den Pässen über den Thüringer Wald. Die Stadt ist in die Geschichte eingegangen durch den Schmalkaldischen
Bund (1531) der protestantischen Fürsten und Städte.
Von Schmalkalden aus ging es hügelig bis Floh und Seligenthal, die letzten Dörfer vor dem eigentlichen Aufstieg. Auf dem
Wanderweg in Richtung Spießberg trifft man heute auf einen Abschnitt der Hohen Straße in Form eines Hohlweges, der in seiner
historischen Ursprünglichkeit erhalten geblieben ist. Hohlwege entstanden an den Stellen, wo die schweren Handelswagen sich bei
steilen Auf- und Abfahrten eine Bahn durch das Erdreich schürften. In den Mittelgebirgen sind auch an anderen Stellen solche
mittelalterlichen Wege bis in die Gegenwart erhalten geblieben. Am Ende der äußerst steilen Steigung (unvorstellbar, dass einst
hier Lasten befördert wurden!) erreicht man die Flieh- und Schutzburg Falkenburg, von der nur geringe Reste erhalten sind.
Die Hohe Straße führte danach (in jüngerer Zeit als Töpfenbank-Chaussee) zum Possenröder Kreuz, wo sie den legendären Kammweg
Rennsteig kreuzte und sich erneut verzweigte.
Eine Straße verlief direkt nach Erfurt, vorbei am Zisterzienserkloster auf dem St. Georgsberg bei Altenbergen, das in der
zweiten Hälfte des 12.Jh. ins Tal der Apfelstädt verlegt wurde - und mit ihm auch die Straße. Weiter ging es durch Hohenkirchen
in Richtung Wechmar (Wohnhaus von Veit Bach, Stammvater der Musikerfamilie Bach) nach Cobstädt. Auf einer Geleitskarte von 1633
wird diese Strecke als: "Land Stras Von Erfurt Vber den Waldt Vf Schmalkalden Vndt Franckfurt" bezeichnet.
Vom Possenröder Kreuz aus führte ein anderer, der Rote Weg nach Friedrichroda. Er stieg in der Nähe der Schauenburg steil
ab und führte vorbei am Kloster Reinhardsbrunn (beide kaum erhalten) und in seiner Verlängerung nach Waltershausen.
In Waltershausen kreuzte die Hohe Straße einen Handelsweg, der bei Eisenach von der VIA REGIA nach Saalfeld abzweigte.
Sehenswert sind in Waltershausen das Schloss Tenneberg und der protestantische Zentralbau der Gotteshilfkirche. Doch
kulturgeschichtlich viel wichtiger ist, dass im heutigen Vorort Schnepfenthal am Fuße des Thüringer Waldes 1784 Christian
Gotthilf Salzmann eine Erziehungsanstalt gründete, in der Johann Christoph Friedrich GutsMuths erstmals in Deutschland die
Körpererziehung als vollwertiges Unterrichtsfach einführte. Seine Forderung, allen sozialen Schichten körperliche Bildung zu
vermitteln, griff später die patriotische Turnbewegung auf. Der größte Crosslauf Europas, der seit 1972 jährlich im Mai
entlang des Rennsteiges veranstaltet wird, trägt seinen Namen.
Die Hauptroute der Straße änderte sich oft. Weimar erhielt erst durch Minister Goethe 1786 Anschluss an die VIA REGIA.
Ab Mitte des 19.Jh. verloren die alten Straßen zum Teil erheblich an Bedeutung, vor allem durch die Eisenbahn und ihren
neuen 'Faktor 10' = 10 x schneller, 10 x mehr Ware, 10 x mehr Menschen. Heute regiert eine neue Königin Straße - die Autobahn.
Und nicht selten wird sie direkt bis zur Start- und Landebahn von Flughäfen gebaut. Denn der Mensch hat sich längst seinen
uralten Traum vom Fliegen erfüllt, wie Ikarus kann er der Sonne entgegensteigen, doch niemals aus eigener Kraft.
Das Benediktinerkloster Reinhardsbrunn wurde 1085 von Ludwig dem Springer gegründet, es diente als Grablege seines Geschlechts.
Entlang der Passstraße von der Stammburg der Ludowinger, der Schauenburg, in Richtung Waltershausen entstand etwa zeitgleich
die Rodung Friedrichroda.
Die Grafen von der Käfernburg - Schwarzburg wollten den Aufstieg der Ludowinger "vor ihrer Tür" bremsen und durch die
Klostergründung Asolveroth ihre Grenze sichern, denn Klöster waren im Unterschied zu Burgen unantastbar. Das Kloster befand
sich ursprünglich auf dem St. Georgsberg gegenüber der Johanneskirche (Altenbergen). Laut Oberlieferung wurde die Johanneskirche
um 724 von Bonifatius gegründet und Ludwig der Springer hier um 1042 getauft. Das Zisterzienserkloster Georgenthal, errichtet
am Ende des 1 2.Jh. in der Formensprache der Hirsauer Bauschule, zählt zum "vollkommensten was der Orden in Deutschland schuf"
(Holtmeyer). Einer der letzten jungen Mönche war der spätere Reformator Georg Spalatin. Beide Klöster wurden zur Reformationszeit
aufgegeben.
Folgen wir jetzt dem Verlauf der VIA REGIA in Thüringen. Als Vorläufer der Straße gilt die römische antsanvia, die von Mainz
kommend, über Gedern (Hoher Vogelsberg) und Fulda zu dem wichtigen Werra-Übergang in Vacha führte. Die Werra schlängelt sich
zwischen Thüringer Wald und Rhön in nördlicher Richtung, später zwischen den Hügeln von Hainich und Kaufunger Wald. Seit ältester
Zeit konnte man den Grenzfluss auch andernorts überqueren, zum Beispiel in Dankmarshausen, Berka/ Werra und Creuzburg. Am
rechten Ufer angekommen, ging es weiter auf hohen Wegen mit Höhenlagen von über 400 m zu den Pässen um Eisenach.
Die VIA REGIA gabelte sich des öfteren. In Vacha konnte man sogar zwischen drei Parallelwegen wählen:
Eine Hohe Straße stieg nordöstlich zu den Schwarzen Stöcken an. Von hier (am Hölzernen Kreuz vorbei) führte sie zur
Kreuzung Gospenroda / Springen / Vitzeroda/ Frauensee. Bei Wünschensuhl überwand sie die Suhl hin zu den Furten der Elte bei
Oberellen, führte hinauf zum Rennsteig, den sie bei Clausberg überquerte, um schließlich unterhalb der Wartburg nach Eisenach
hinabzusteigen. Als Talstraße entlang der Werra führte sie in östlicher Richtung nach Kieselbach mit der Krayenburg (bereits
400 v.Chr. eine Fliehburg), Marksuhl (ehem. sächsisch ernestinische Residenz) und Förtha, um sich mit der Hohen Straße am
Rennsteig zu vereinen. Die Handelsstraße im Werra-Tal hatte bei (Bad) Salzungen eine Abzweigung nach Norden zum Kloster
Allendorf und führte an Möhra (Heimatort von Luthers Vater) vorbei nach Etterwinden und zur Taubeneller Mühle, wo sie als
Weinstraße zum Kamm des Thüringer Waldes aufstieg. Von hier ab verlief die Weinstraße für eine Wegstrecke von ca. 5 000 Fuß
fast bis zur Hohen Sonne auf dem Rennsteig entlang, um schließlich im Hörseltal erneut auf die via regia zu stoßen.
Die Weinstraße (der Name leitet sich ab von woin - Wagen) verließ bei Rothenhof östlich von Eisenach den Thüringer Wald,
überquerte die Nesse und führte direkt nach Leipzig über (Bad) Langensalza (Reichsgut in karolingischer Zeit) und Herbsleben
(wahrscheinlich Hauptsitz des Thüringer Königreiches), nördlich der Hörselberge und der Fahnerschen Höhen an der Unstrut
entlang. Zu den beschriebenen Handelsstraßen sei noch die Lange Hessen genannt, die von den Niederlanden und Flandern über
Köln, Kassel, Wanfried und Creuzburg nach Eisenach kam. Creuzburg entstand zu karolingischer Zeit als unbefestigter Königshof
an der Furt der Werra. Bereits 1225 wurde hier eine Steinbrücke erwähnt. Damals war die Marktsiedlung zur Nebenresidenz der
Ludowinger mit Burg und Nicolaikirche aufgestiegen. Der erste Sohn der heiligen Elisabeth, der Landgraf Hermann II., wurde
in Creuzburg geboren und ist auch hier gestorben, laut einer Sage wurde er bei einem Festmahl vergiftet. Trichterförmig liefen
von Westen her die beschriebenen Handelsstraßen in Eisenach zusammen.
Im Gebiet, wo die VIA REGIA die Hörsel überquerte und auch andere Handelswege kreuzte, verschmolzen im 12.Jh. drei
Marktsiedlungen zur heutigen Wartburgstadt Eisenach (Stadt mit keltischer Namensableitung, die auf Eisengewinnung hindeutet).
Bereits um das Jahr 1067 war es auf dem Berg über den Pässen zur sagenhaften Burggründung durch Graf Ludwig den Springer
gekommen: "Wart' Berg, Du sollst mir eine Burg werden!" Zum Zeichen der Besitzergreifung ließ er Erde von seinem Stammsitz,
der Schauenburg bei Friedrichroda, auf den Wartberg tragen. Zwölf Ritter stießen ihre Schwerter in diese Erde und schwörten,
dass der Boden dem Grafen gehöre.
In die gleiche Zeit fällt die Gründung der Neuenburg (bei Freyburg) - ebenfalls durch Ludwig den Springer und ebenfalls
an einem strategisch wichtigen Ort, über dem Unstrut-Saale-TaI, der Gegend, wo die VIA REGIA Thüringen verlässt. Mit beiden
Burgen markierten die Ludowinger die West-Ost-Eckpunkte ihres Herrschaftsbereichs. Sie wurden 1130/31 mit der Landgrafenwürde
belehnt, und die Wartburg erlangte so den Rang einer Iandgräflichen Residenz. Unter dem Landgrafen Hermann I. wurden beide
Burgen Zentren des Minnesangs, von dem die Troubadoure der Provence liedhafte Kunde brachten. Die "Eneide" - Dichtung Heinrich
von Veldekes und der "Parzival" Wolfram von Eschenbachs entstanden abschnittweise auf der Wartburg. Wenig später, 1206/07,
wurde hier auch der sagenhafte Sängerkrieg ausgetragen (verewigt in der Zeit der Romantik durch Richard Wagners Musik und
Moritz von Schwinds Fresken).
Neben der Blüte der schönen Künste begannen im 13.Jh. die Unterschiede zwischen dem glanzvollen Hofleben "oben" und dem Elend
"unten" markant zu werden. Die heilige Elisabeth von Thüringen, ungarische Königstochter und Frau des Landgrafen Ludwig IV.,
wandte sich in religiösem Eifer vom Reichtum ab und widmete ihr tägliches Leben den Armen und Entrechteten, u.a. gründete
sie Hospitäler in Gotha (1223), Eisenach (1226) und Marburg, wo sie 1231 verstarb und auch begraben liegt.
Im Ergebnis des Thüringer Erbfolgekrieges von 1247-1264 fiel die Wartburg mit Eisenach an das sächsische Haus Wettin und
spielte fortan als Residenz keine Rolle mehr. Hier auf der Wartburg wurde Martin Luther vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen
fast ein Jahr als Junker Jörg versteckt. Diese Geschichte ist es wert, kurz erzählt zu werden: Auf dem Reichstag zu Worms hatte
Martin Luther seine Lehre verteidigt und war abgereist, ohne zu widerrufen. Am zweiten Mai wurde er feierlich in Eisenach
empfangen und gebeten, zu predigen. Der Ortspfarrer protestierte, doch nur pro forma. Am nächsten Tag machte Luther einen
Abstecher nach Möhra, wo er Verwandte seines Vaters besuchte und erneut predigte, laut Überlieferung unter freiem Himmel.
Von hier aus fuhr er am 4. Mai in Begleitung von Amsdorf und Petzensteiner über Schweina nach Waltershausen. Dort sollte er
allerdings nicht ankommen. Bei einbrechender Dunkelheit hinter Schloss Altenstein versperrte plötzlich ein Trupp bewaffneter
Reiter den Weg. Die Fremden erkundigten sich nach den Insassen und rissen Luther heraus. Petzensteiner sprang vom Wagen und
lief davon, der Fuhrmann erstarrte vor Angst, Amsdorf schimpfte und protestierte. Die Reiter kümmerten sich nicht um den Rest,
nahmen Luther zwischen zwei Pferde und verschwanden im Wald. Sobald das Fuhrwerk außer Sicht war, wurde Luther auf ein Pferd
gehoben und fortan so behandelt, wie es einem Schützling des Kurfürsten von Sachsen zukam. Den Auftrag für die geheime
"Entführung" hatte der Burghauptmann Hans von Berlepsch bereits auf dem Reichstag in Worms von Friedrich dem Weisen erhalten.
So geriet die Wartburg in ein neues historisches Licht. Für ein knappes Jahr sollte sie ein bedeutender Ort der deutschen
Reformation werden. Von hier aus ließ Luther seine Schriften verbreiten und korrespondierte mit seinen Vertrauten, u.a. mit
Georg Spalatin. Hier übersetzte er das Neue Testament aus dem griechischen Urtext in die "dem gemeinen Volk verständliche
deutsche Sprache". Die Luthersche Bibelübersetzung erwies sich in der Folge als wichtige Grundlage für die Herausbildung
der einheitlichen deutschen Schriftsprache.
Die Wartburg wurde zum Ort des freien Wortes, zum deutschen Freiheitssymbol, zu einem Denkmal von nationaler Bedeutung.
Hier demonstrierten die Burschenschafter und Turner am 18. Oktober 1817, dem vierten Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig,
und auch 1848 für "Freiheit, Einheit, Ehr' und Recht'.
Obwohl Eisenach kein Zentrum der deutschen Arbeiterbewegung war, gründeten hier 1869 August Bebel und Wilhelm Liebknecht
die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP). Neben den vergleichsweise liberalen politischen Bedingungen waren vor allem
die zentrale Lage in Deutschland und die gute Erreichbarkeit für die Wahl des Ortes ausschlaggebend. Eisenach war bereits
seit 1847 durch die Thüringische Eisenbahn - parallel zur Straße - mit Erfurt, Halle und Leipzig sowie seit 1849 mit Kassel
verbunden. Die Thüringische Eisenbahn und auch die Sächsische Eisenbahn gewährten den Delegierten des Gründungsparteitages
Fahrpreisermäßigungen. Bereits 1863 hatte Ferdinand Lassalle in Leipzig den "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein' (ADAV)
gegründet. Beide Organisationen, SDAP und ADAV, vereinigten sich 1875 in Gotha zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands.
Nach der Aufhebung der Bismarckschen Sozialistengesetze fand 1891 im Erfurter Kaisersaal‚ direkt an der VIA REGIA, der
bedeutende "Erfurter Parteitag" der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands statt, dessen fortschrittliches Programm weit
in die Zukunft wirkte.
Die Wartburgstadt Eisenach, in der bis in die Gegenwart Fahrzeuge hergestellt werden, entwickelte sich im 19. Jh. zur
Industriestadt. Ab 1899 wurden am Fuße der Wartburg Motorwagen nach französischer Lizenz gebaut, später 26 PKW - Varianten
mit unterschiedlichsten Motoren sowie 17 verschiedene Ausführungen von Lastkraftwagen und Bussen. Im Jahr 1928 übernahm die
"BMW AG München" die Automobilproduktion in Eisenach. Von 1955 bis 1991 rollten hier die "Wartburgs" vom Band. Im Hörseltal
westlich der Stadt stehen heute die hochmodernen Werkhallen von "Opel".
Eisenach verbindet sich nicht nur mit dem Namen Luthers, der hier bereits in seiner Jugend als Lateinschüler wohnte,
sondern auch mit der Musikerfamilie Bach. Hier kam 1685 der berühmteste der Bachfamilie, Johann Sebastian, zur Welt. Das
Wohnhaus der Familie am Frauenplan birgt heute das Bach-Museum mit einer musik- und familiengeschichtlichen Sammlung.
Die ehemalige Residenzstadt Gotha erreicht man heute, rund 150 Jahre nach Anschluss der Stadt an die "Thüringische Eisenbahn",
von Eisenach kommend, mit dem lnterRegio in nur 15 Minuten.
Wahrzeichen der Stadt ist das von weitem sichtbare monumentale frühbarocke Schloss Friedenstein, errichtet am Ende des
30-jährigen Krieges nach den Vorstellungen des ersten Regenten des Herzogtums Gotha (seit 1640), Ernst des Frommen, eines
zutiefst protestantisch-religiösen und fortschrittlichen Landesvaters. Ernst I. (der Fromme) begründete ein aufgeklärtes
Fürstengeschlecht, das sich durch die Förderung von Bildung, Kunst und Wissenschaft auszeichnete. Die Gothaer Herzöge pflegten
engsten Kontakt mit vielen europäischen Fürsten- und Königshäusern, wie z.B. zum britischen Empire: die Königin von
Großbritannien, Victoria I. war die Tochter einer Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, sie heiratete 1840 ihren Cousin,
Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha und führte das britische Weltreich bis 1901. So wurde das Haus Sachsen-Coburg und
Gotha in Großbritannien begründet, das während des ersten Weltkrieges in Haus Windsor umbenannt wurde.
Aus der Kunst- und Wunderkammer Ernst des Frommen entstanden enzyklopädische Sammlungen, die in den Fundus des Schlossmuseums,
des Museums der Natur, der Forschungs- und Landesbibliothek Gotha, des Thüringischen Staatsarchivs Gotha und des Museums für
Regionalgeschichte mit Ekhof-Theater (der Schauspieler Konrad Ekhof begründete hier 1775 das erste stehende Theater Deutschlands)
und kartographischer Sammlung eingingen. Gothas Kulturlandschaft ist immer noch am kürzesten mit folgendem Wort
(G. Sello: "Die Zeit"-16.2.'90) beschrieben: "Ein Hort der stillen Rekorde"
Archäologische Funde aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit am Brühl und auf dem Seeberg zeugen von einer kontinuierlichen
Besiedlung in diesem Raum. Gothas geschriebene Geschichte beginnt 775 mit einer Urkunde, in der Karl der Große dem Kloster
Hersfeld den Zehnten mehrerer Orte überlässt, darunter auch den der villa Gothaha (Ort des guten Wassers).
Gotha, eine der ältesten Thüringer Siedlungen, entstand südlich der Furt des Wiegwassers, durch die die VIA REGIA führte,
und wuchs später nach Osten als planmäßige Stadtanlage mit regelmäßig rechtwinklig verlaufenden Gassen. Um 1200 besaß die
Stadt eine Steinmauer mit vier Toren und einer Pforte. Vom Westen, von Eisenach, kam die Hohe Land-Straße, überquerte den
Fluss vor dem Brühler Tor und führte jenseits des Stadttores am Hospital vorbei zum heutigen Hauptmarkt.
Eine Parallelstraße zur via regia, die von Fulda nach Schmalkalden abzweigte, erreichte Gotha im Südwesten. Diese Straße
aus dem Thüringer Wald über Friedrichroda und Sundhausen führte in die Stadt durch das Sundhäuser Tor. Am Augustinerkloster
vorbei (Wirkungsstätte von Luthers Freund Friedrich Myconius), weiter durch die Jüdenstraße (benannt nach den hier siedelnden
Juden) führte sie zum Hauptmarkt (heute architektonisches Flächendenkmal, u.a. mit dem Waidhaus, dem Cranach-Haus, Rathaus
und der kaufmännischen Innungshalle). Am unteren Hauptmarkt trafen die Parallelwege der Straße aus Frankfurt am Main -
der über Eisenach und der über Schmalkalden - aufeinander. Von hier führte die VIA REGIA über den west-östlich ausgerichteten
Neumarkt durch das Erfurter Tor weiter nach Erfurt.
Von Eisenach kommend, konnten die Kaufleute, die ihre Waren nicht in Gotha selbst feilbieten wollten, die Stadt im
Norden auf einer Parallelverbindung umfahren. Wahrscheinlich nutzten sie dabei die Straße, die noch heute in Gotha Hohe
Straße heißt.
Im Jahr 1369 ließ Landgraf Balthasar den 29 km langen Leinakanal anlegen, um Gotha zusätzlich mit Wasser aus dem Thüringer
Wald zu versorgen. Als 1653 von Ernst dem Frommen der Floßgraben von Georgenthal, der die Elbe-Weser-Wasserscheide überwand,
dem Leinakanal hinzugeführt wurde, war ein technisches Meisterwerk entstanden. Das sich auf einem 311 m hohen Hügel erhebende
Schloss Friedenstein war der Stadt zugewandt, aber auch durch mächtige Bastionen von ihr abgeschirmt. Seit dem 18.Jh. wurden
das östliche und südliche Umfeld des Schlosses neu gestaltet. Es entstanden die Orangerie und das Sommerpalais Friedrichsthal
in Form einer Repräsentationsachse sowie der englische Landschaftspark mit dem Museum und der Sternwarte.
Mit dem Anschluss Gothas an die Thüringische Eisenbahn und dem Bau des Bahnhofes 1847 gestalteten sich die innerstädtischen
Verkehrsströme neu. Nach dem Fall der Stadtbefestigung Anfang des 19. Jh. verlief die VIA REGIA vom Erfurter Tor nach Siebleben
nicht mehr über den Hohen Sand, sondern über die August-Straße und die Friedrichs-Allee, die heutige Justus-Pertes-Straße -
benannt nach dem Begründer des bedeutenden Gothaer Verlages (1785), der durch das Adels-Verzeichnis "Gothaischer genealogischer
Hofkalender" und seine kartographischen Drucke bekannt wurde.
In Siebleben befand sich ein Klosterhof der Benediktinerabtei Reinhardsbrunn (1174 Ersterwähnung, 1543 Aufhebung, 1799
Verkauf an Herzog Ernst II.). Noch heute erhebt sich dort inmitten des vom Wörlitzer Landschaftsgärtner Johann Rudolf Eyserbeck
angelegten "schönen englischen Gartens" das leider immer mehr verfallende Schloss Mönchshof. Unmittelbar an der VIA REGIA steht
das Gustav-Freytag-Haus, in dem der Schriftsteller bis zu seinem Tod 1895 lebte. Auf der Straßenseite gegenüber findet man im
Kirchgarten sein Grab.
Von Gotha-Siebleben führt die Hohe-Land-Straße in einem nahezu identischen Verlauf mit der B 7 nach Erfurt. Auf der geraden
24 km langen Alleenstraße von Gotha nach Erfurt stößt man gleich hinter Gamstädt auf die ehemalige Grenze zwischen dem Herzogtum
Gotha und dem Königreich Preußen. Einziger Hinweis dafür sind die vor dem Zollhaus aufgestellten zwei Grenzsteine mit den Kürzeln
HG/KP. Unweit von Frienstedt gegenüber dem Rasthaus Fürstenhof an der B 7 erheben sich die Fragmente eines in Thüringen
einzigartigen Andachtsmals von 1460 sowie ein großes Malteserkreuz mit Wappen und Beschriftung von 1494 - alle aus Seeberger
Sandstein.
Kurz vor Schmira in Sichtweite des Flughafens, wird man gegenwärtig Zeuge des Baus der Anschlussstelle der neuen Autobahn
Sangerhausen-Erfurt-Suhl. Im Rahmen des Verkehrsprojektes "Deutsche Einheit" wird nördlich der VIA REGIA auch eine neue
Eisenbahnverbindung zwischen Erfurt und Leipzig gebaut. Das in Deutschland zentral gelegene Erfurt entwickelt sich zu einem
Verkehrsknotenpunkt von der Bedeutung, die es vor einigen Jahrhunderten bereits schon einmal hatte.
Der heutigen Landeshauptstadt Erfurt, die mit der Gründung des Bistums durch den Apostel Bonifatius im Jahre 742 erstmals
urkundlich erwähnt wurde, kam schon seit ihrer frühesten Geschichte eine ganz besondere Rolle zu. Im Jahr 805 unter Karl dem
Großen lag der westlichste Handelsplatz mit den Slawen in der Königspfalz erphesfurt = die Furt an der erph (Gera). Aus dieser
Grenzsiedlung entwickelte sich die Stadt mit Geleits- und Stapelrecht, d.h. die Kaufleute waren verpflichtet, die
Haupthandelsstraßen zu benutzen und ihre Waren zum Verkauf anzubieten, erst dann durften sie weiter reisen.
Bedeutend für das mittelalterliche Erfurt, einschließlich der umliegenden Orte, war die Herstellung des Blaufärbemittels
aus der "Wunderpflanze" Waid. Verkauft wurde am Anger, dem größten Waidmarkt Deutschlands. Bis zu 300 Wagen konnten zwischen
Kaufmanns- und Wigbertikirche auffahren. Gelagert wurde in massiven mehrgeschossigen Speichern unter hohen Spitzdächern bis
das fertige Farbpulver in Holzfässern mit dem Erfurter Wappen als Gütesiegel seine Reise durch ganz Europa antrat.
Von Gotha kommend, führte die VIA REGIA im Mittelalter, parallel zur heutigen Gothaer Straße, zur fruchtbaren Erfurter Mulde
hinab und mündete in den Gothaer Platz. Bis heute existiert diese Straße als Langer Berg, der in den Brühler Hohlweg übergeht.
Mit Errichtung der ersten Stadtmauer ab 1168 trat die VIA REGIA durch das Lauentor im Westen in die Stadt ein und schlängelte
sich als Löwengasse zwischen Petersberg und Domhügel zum Domplatz hinunter. Der Name des Lauentors stammt von dem Löwen,
der als Wappen der Grafen von Gleichen das Tor schmückte. Zu jener Zeit orientierten sich die "Reisenden" an den zwei
romanischen Türmen der dreischiffigen Pfeilerbasilika auf dem Petersberg, denn auf dem Domhügel gegenüber wurde noch gebaut.
Nachdem 1432 der äußere Mauerring errichtet war, erreichte die VIA REGIA Erfurt im Südwesten am Brühler Tor und führte über
die Brühler Straße, die Mainzerhofstraße und die Peterstraße bzw. die Domstraße zum Domplatz, um danach in zwei Parallelwegen
auf die Michaelisstraße zu stoßen.
Der erste führte durch die Pergamentergasse, wo die vornehmen Pergament-Hersteller in unmittelbarer Nähe des Domkapitels
und der Universität siedelten. Der zweite begann mit der breiten, gepflasterten Marktstraße, die anfänglich einfach An der
Straße hieß. An der Allerheiligenkirche mussten die Händler in die Allerheiligenstraße einbiegen, um in der Waagegasse ihre
Wagen wiegen zu lassen. Im Kauf- und Waagehaus wurden danach die Waren besteuert, gelagert und verkauft.
In der Michaelisstraße stand das "collegium maius" der "alma mater". Gegenüber erhebt sich die Michaeliskirche, die ehemalige
Universitätskirche und ab 1520 erste evangelische Pfarrkirche. Von der Michaelisstraße aus überquerten Furten und Brücken
die Gera, darunter die berühmte Krämerbrücke. Die Krämerbrücke ist heute das älteste profane Bauwerk der Stadt. Anstelle der
mehrmals abgebrannten Holzbrücke vollendeten die Bürger 1325 ihre Steinbrücke, die heute ein einzigartiges Kulturdenkmal
darstellt. Der Rat der Stadt ließ sie 1486 mit 60 kleinen Fachwerkhäusern für die Krämer bebauen. Später baute man mehrere
Häuser miteinander jeweils zu einem um und so verringerte sich ihre Zahl auf 38. Östlich der Krämerbrücke teilte sich die
Straße am Wenigemarkt in die Futterstraße/Johannesstraße und die Meienbergstraße, um sich hinter der Kaufmannskirche wieder
zur Krämpferstraße zu vereinen. "Krämpfer" leitet sich laut einer der vielen Deutungen von den "Wollkrimpern" oder "Hutkrempern"
ab, die in dieser Gegend ihr Handwerk ausübten. Die Kirche der Kaufmänner wurde bereits 1248 urkundlich als Pfarrkirche erwähnt.
Kaufmännerkirchen gab es vielerorts, doch nur in Erfurt ist der Name erhalten geblieben. Neben den Gottesdiensten wurden hier
auch Verhandlungen geführt und wertvolle Waren gelagert.
Um 1490 zählte Erfurt mit seinen etwa 20 000 Einwohnern und der Grundherrschaft über mehr als 80 Dörfer sowie Burgen,
Vorwerke und die Stadt Sömmerda zu den mächtigsten deutschen Städten. Trotz der kirchlichen Unterstellung unter das Erzbistum
Mainz entwickelte sich in Erfurt ein selbstbewusstes städtisches Bürgertum. Noch heute bestimmt die wohltuende Ausgewogenheit
sakraler und bürgerlicher Architektur den erhalten gebliebenen mittelalterlichen Stadtkern.
"Nach zwei Richtungen hin übernahm Erfurt durch Jahrhunderte die Führung in Thüringen: auf geistigem Gebiet durch die
Förderung der freieren religiösen Strömung, vor allem aber durch die Gründung der einzigen, aus freiem Entschluss einer
Bürgerschaft geschaffenen Universität; in praktischer Hinsicht durch Zusammenfassen der Handelsbeziehungen weit über Werra
und Saale hinaus." (Luise Gerbing, 1900)
Infolge des langjährigen Wirkens von Meister Eckehart im Predigerkloster (1278-1311) wurde Erfurt ein Zentrum der deutschen
Mystik. Die 1392 vom städtischen Bürgertum gegründete Erfurter Universität ist die fünftälteste in Mitteleuropa (nach Prag
1348, Wien 1365, Heidelberg 1386 und Köln 1389). Köln und Erfurt waren die einzigen deutschen Städte, die aus eigenem
Entschluss und mit eigenen Mitteln eine Universität mit allen Fakultäten aufbauten, während andernorts die Hochschulen als
fürstliche Stiftungen entstanden. Das Wirken von Amplonius Ratink, Eobanus Hessus und Crotus Rubeanus, die mit Erasmus von
Rotterdam und Ulrich von Hutten in Verbindung standen, ließ die Erfurter Universität zu einer bedeutenden Heimstätte des
Humanismus werden.
Der wohl berühmteste Student der Erfurter Universität war Martin Luther, der seit 1501 hier studierte und im Augustinerkloster
als Mönch bis 1511 lebte. Wenn man von Wittenberg als Wiege der Reformation spricht, dann kann man Erfurt als ihre
Geburtsstätte bezeichnen. Im Jahr 1521 wurde Luther vom Kaiser Karl V. zum Reichstag nach Worms geleitet. Luther wart bestellt,
um zu widerrufen. Ein vom Papst gebannter Ketzer, mit dem man eigentlich den Umgang meiden sollte, wurde jedoch auf seiner
Reise von Stadt zu Stadt gefeiert und seine Predigten erfreuten sich stets überfüllter Häuser. Besonders tat sich die Stadt
Erfurt hervor. An der Erfurter Grenze bei Nohra war eine Reitergruppe mit dem Universitätsrektor Crotus Rubeanus an der
Spitze herausgeritten, um den ehemaligen Studenten zu begrüßen. Luther übernachtete in den ihm vertrauten Räumen des
Augustinerklosters, dem jetzt Johannes Lang als Prior vorstand. Am folgenden Weißen Sonntag hielt er in der Augustinerkirche
die Sonntagspredigt unter dem Motto "Friede sei mit euch". Die Reiseroute Luthers verlief entlang der VIA REGIA, er kam
in Worms am 16. April 1521 an und reiste zehn Tage später wieder ab - ohne zu widerrufen. Für seine Heimreise gewährte ihm
der Kaiser ein letztes freies Geleit von 21 Tagen, danach sollte er "vogelfrei" werden. Die doppelte Verdammung Martin Luthers -
der Bann des Papstes und die Acht des Kaisers - wurde bis zu seinem Lebensende nicht aufgehoben.
Von Rivalitäten, Aufständen, Kriegen und Besetzungen blieb auch Erfurt nicht verschont: 1525 drangen 4000 Bauern ein, 1631
besetzte Gustav II. Adolf von Schweden die Stadt, 1807 erklärte Napoleon Erfurt zur französischen Stadt. Im Jahr 1808 wurde
Erfurt für zwei Wochen zum Zentrum europäischer Großmachtpolitik. Auf dem Erfurter Fürstenkongress, zu dem Kaiser Napoleon I.
neben dem russischen Zaren Alexander I. alle verbündeten Monarchen nach Erfurt eingeladen hatte, einigten sich Napoleon und
Alexander I. über die Aufteilung Europas in Einflusssphären. Kultureller Glanzpunkt im ehemaligen Ballhaus der Universität,
dem heutigen Kaisersaal, unmittelbar an der VIA REGIA, waren die Theateraufführungen der Comédie Francaise, die von allen
Literaten Erfurts und Weimars besucht wurden.
Der seit dem späten 15. Jh. aus Indien eingeführte blaue Farbstoff Indigo leitete den Niedergang der Thüringer Waidproduktion
ein. Auch Leipzigs Aufstieg zur Messestadt und der Niedergang der Hanse beeinträchtigten Erfurts Wirtschafts- und Handelsstellung
nachhaltig. Wirtschaftliche Belebung setzte in Erfurt erst wieder mit dem Bau der Thüringischen Eisenbahn 1847 ein, so zählte
die Stadt um 1900 bereits 100.000 Einwohner.
Die VIA REGIA verließ Erfurt im Osten durch das Krämpfertor und führte nördlich des Ettersberges über den Geleitsort
Buttelstedt zur Eckartsburg, einer Grenz- und Wegefestung vor dem engen Saaletal. Dort verlief die Strecke über die gotische
Saalebrücke in (Bad) Kösen, vorbei an Kloster und Schule Schulpforta, zur Domstadt Naumburg. Auf sächsischem Territorium führte
die VIA REGIA von hier aus über Weißenfels, Lützen an der VIA REGIA steht heute die Gedenkstätte für den hier 1632 in der
Schlacht bei Lützen gefallenen schwedischen König Gustav II. Adolf), und Markranstädt nach Leipzig.
Welche enorme Rolle Verkehrswege für die Entwicklung von Städten spielen, zeigt der fast 50 km lange VIA REGIA Abschnitt
Erfurt - Eckartsberga. Um 1800, als die Hauptstrecke nach Leipzig verlegt wurde und nun über Weimar führte, versank die
Straße auf diesem Teilstück in die Bedeutungslosigkeit. Buttelstedt, der einzige größere Ort zwischen Erfurt und Eckartsberga,
war einst ein blühender Markt und ist heute eine Kleinstadt mit ländlichem Charakter. Wer in unseren Tagen mit dem Auto von
Buttelstedt weiter entlang der VIA REGIA, wie sie noch 1900 in Karten eingetragen war, fährt, erreicht den nächsten Ort Nermsdorf
nur auf einer holprigen, schmalen Straße, die dann bis Oberreißen nur noch ein Feldweg ist. Der Autor war auf seiner Reise
entlang der VIA REGIA gezwungen, hier sein Auto stehen zu lassen und die drei Kilometer Feldweg bis Oberreißen durch Pfützen
und Schlamm zu Fuß zurückzulegen. In Oberreißen mündet die VIA REGIA in die aus Weimar kommende Kupferstraße, die ebenfalls
heute für den Straßenverkehr gesperrt ist.
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