Es gibt Grund zu der Annahme, dass die offenbar großzügig angelegte Anlage der Camburg zwischen 900 und 1000 im Rahmen
des damals geschaffenen Grenzschutzes gegen die Slawen entstanden ist. Die linksseitige Siedlung an der Saale, gegenüber
welcher die Camburg errichtet wurde und welcher der ältere Teil der Stadt ist, lag an einer, offenbar für den Saaleübergang
und den damaligen Handelsverkehr wichtigen Furt, deren Stelle entweder dort zu suchen sein wird, wo heute noch (1928) bei
niedrigem Wasser an der Einmündung des Untergrabens der Mühle anstehendes Kalkstein, quer durch die Saale ziehend, sichtbar
wird, und bei dem alten, an der Lederfabrik zur Saale führenden Fahrweg, das linksseitige Ufer erreicht oder gleich unterhalb
der jetzigen Saalebrücke im Zuge von „Freitags Gässchen“. Diese Siedlung wird als Deckung der Furt und als Rastort –
bei ungünstigem Wasserstand mussten die dahinziehenden Transporte sicherlich oft tagelang warten und untergebracht werden –
wohl schon vor der Zeit Karls des Großen eine gewisse Bedeutung gehabt haben und auch bald mit einfachen Mitteln –
Gräben und Wällen – befestigt worden sein. Aufgabe der gegenüber errichteten Camburg war es, gemeinsam mit den anderen längs
der Saale stehenden Burgen, die Übergänge zu sichern, der Ausgangspunkt für feindwärts gerichtete Unternehmung.
Die Anlage der Burg ist heute nicht mehr zu erkennen. Nur auf dem südlichsten Punkt ragt eindrucksvoll der hohe, tadellos
erhalten gebliebene Turm empor.
Die ursprüngliche Verkehrsweiser waren ohne Zweifel die Flussläufe, deren Auen in den Zeiten größerer Völkerbewegungen mit
Vorliebe von wandernden Völkerscharen benutzt worden sind. Es ist nur natürlich, dass sich längs den Tälern größerer
Flussläufe, zu denen wir auch die Saale rechnen dürfen, die Hauptverkehrsstraßen entwickelten. Camburg war der Kreuzpunkt
zweier wichtiger Straßenzüge und zwar kam von Süden über Saalfeld, Jena, Dornburg, dort über die Saale gehend durch Camburg
hindurch über Leislau nach Naumburg ziehend als Hauptverkehrsstraße die Alte Nürnberger Straße, einer der ältesten Verbindungswege
zwischen Süd- und Norddeutschland. Quer dazu verlief die ebenfalls sehr viel befahrene Salzstraße von Sulza kommend, über
Schmiedehausen durch Camburg nach dem damals vorhandenen Straßenkreuzpunkt Rauschwitz führend, wo die von Jena nach Gera
ziehende Durchgangsstraße und die Alte Regensburger Handelsstraße erreicht wurden. Das Stück Wetzdorf – Rauschwitz bildete
bereits ein Stück dieser von Hermsdorf kommenden Hauptstraße, welche über Thierschneck. Molau, Prießnitz, nach Heiligenkreuz
führte, wo die Teilung einerseits über Freiroda durch das Saaletal hindurch in Richtung auf den auf den linksseitigen Höhen
verlaufenden Königsweg erfolgte, andernteils die Nürnbergerstraße nach Naumburg und Halle, bzw. Leipzig erreicht war.
Unterwegs zweigte bereits in Molau eine direkte Straße nach Leipzig ab, welche ebenfalls kurz hinter Camburg durch einen
Abzweig von der Nürnberger Straße zu erreichen war.
Ebenfalls nach Camburg mündete die von Schleusingen kommende, über Vierzehnheiligen, Eckolstedt führende, späterhin Weinstraße,
ursprünglich jedoch Wendenstraße genannte alte Verkehrsader, welche sich im Mönchengosserstädter Flur in einen über
Schmiedehausen, Lachstedt, Großheringen abwärts führenden Zweig teilte, wie auch von der vorhin bereits an erster Stelle
genannten Nürnberger Straße nach dem Saaleübergang bei Dornburg ein Abzweig von Steudnitz über Frauenprießnitz, Thierschneck,
Aue, als direkte Verbindung unter Umgehung von Camburg nach Leipzig führte. Der Zustand dieses Weges war jedoch ein derartiger,
dass er nur im Sommer benutzt werden konnte und also verhältnismäßig geringe Bedeutung gehabt hat. Er wurde im 18. Jahrhundert
von durchgehenden Warenzügen nicht mehr benutzt.
In Camburg kreuzten sich also die Nürnberger Straße und die Salzstraße sowohl als auch die Wendenstraße.
Der Zustand aller dieser Hauptverkehrsstraßen ließ naturgemäß sehr zu wünschen übrig. Einige der großen Verbindungsstraßen,
wie z.B. der Königsweg, wiesen bereits einen dem römischen Straßenwesen entnommenen Unterbau auf.
Wie trostlos der Zustand der Straßen oft gewesen sein muss, lässt ein Schreiben erkennen, dass der Naumburger Rat im August
1519 an den Edlen Herrn Hans Schenk zu Tautenburg richtete:
„Unser Bürger Anton Nussbaum zeigt uns an, wie er hie bevor,
als er um merklicher Böse willen der Straßen, so durch Wetzdorf geht, dieselbigen bösen Wege umfahren und seinen Weg auf
Poppendorf und förder nach Prießnitz genommen von E. Gn. Untersassen, etzlichen Bauersmannen, wiewohl er niemands zu einigen
Schaden allda gefahren, um eine wagenwinde gepfändt.“
Es wird dann gebeten, ihm die Rückgabe dieses Pfandes auszuwirken.
Um jene Zeit, bis ins 17, Jahrhundert hinein, herrschte noch der Kärrner mit seinem zweirädrigen Karren vor. In Thüringen
war ein anderes Verkehrsmittel auch kaum möglich, weil die immer wieder an den Berghängen vorhandenen Hohlwege (Hohlen) so
eng waren, dass zwei Zugtiere nicht gut nebeneinander her gehen konnten. Die Pferde wurden daher einzeln hintereinander gespannt,
und der Kärrner saß meistens auf dem Vorderpferd, weil zum Gehen neben dem Gefährt kaum Platz vorhanden war. Natürlich waren
auch in derartigen Hohlwegen keine Ausweichstellen vorhanden, so dass der Führer das Herannahen des Gefährtes durch lautes
Peitschenknallen ankündigte. Unter diesen Umständen ist es verständlich, wenn man, nachdem man nun einmal sich mit seinem
Gespann zur Höhe hinauf gequält hatte, auch bestrebt war, möglichst oben zu bleiben. So zog beispielsweise schon im 15.
Jahrhundert der Verkehr auf der Regensburger Straße an Camburg vorbei, zum Vorteil des Geleitshofs in Thierschneck.
Der Verkehr auf der Landstraße war im Mittelalter und darüber hinaus bis ins 18. Jahrhundert sehr unsicher, sodass zum Schutz
der Reisenden und der Gütertransporte die Landesherren als Besitzer der durch ihr Gebiet führenden Straßen das Geleitwesen
unterhielten. Es bestand in der Bereitstellung von Bewaffneten, zu Fuß und zu Pferde an bestimmten Straßenpunkten in den
Geleitshäusern, wo jeweils ein Geleitsherr saß. Diesem unterstand die Einteilung der Transporte, die Zuteilung der
Geleitsmannschaften und die Erhebung der Abgaben, welche sich nach Zahl der geleiteten Reisenden, Wagen und Waren richtete.
Dieses Geleit musste angenommen und bezahlt werden, auch wenn der Reisende gar keinen Wert darauf legte, so dass, um diese
Abgabe zu sparen, die Reisenden oft verkürzende oder umgehende Nebenwege wählten, wodurch die Geleitsherren Einbuße an den
Gebühren erlitten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Bekanntmachung, welche 1541 der Kurfürst und die Herzöge von Sachsen wie folgt
erließen:
Alle Untertanen ebenso aber auch, die „ihr gewerb und handtierung in und durch unsere Lande üben und sich der Straßen
mit reisen, fahren und treiben gebrauchen“ sollten die Hohe Straße von Leipzig aus über Weißenfels, Eckersberge, Buttelstädt,
Erfurdt und Eisenach oder Creuzburg benutzen, da dies „die Rechte und über verwährte Zeit hergebrachte Landstraße“ nach
Frankfurt und den Rhein gewesen sei. Alle, die diese Bekanntmachung übertreten und die Landstraße „umfahren“ würden, sollten
künftig nicht nur jeden Anspruch auf fürstlichen Schutz verlieren, sondern auch Pferd und Wagen und „was sie eigens bey sich
haben, fahren und treiben“, zugunsten des Landesfürsten verwirkt haben. Den Amtleuten wurde daher befohlen, fleißig Achtung
zu geben und „vorberührte Straff gegen den uebertrettern unnachlessig fürzuwenden“.
Die Begleitung eines derartigen Warentransports bestand aus einer größeren Anzahl Bewaffneter. Da anno 1640 unter dem
„Jenigen Musquetirern“ von Dornburg und Camburg, welche die Fuhrleute „convoirt“ Uneinigkeit entstanden und von
den Camburgischen einer totgeschossen worden sei, „so hat sich darauff die fuhre gewendet und ist hernach von Dornburgk uff
Steudnitz gekommen undt also (an) Camburgk und dem daselbst habenden Gleite vorbey gegangen, wodurch zwart die hiesige
Gleits-intraden nunmehro in 33 Jharen sehr geschächet wurde, Trotzdem jedoch weilen dem im Amte Eisenbergk, Dörßnick
(Thierschneck) habenden Geleit ein solcher Abgang zugewachsen, So hat daher die Fürstl. Herrschaft und zur Cammerverordneten
nichts weiteres disiderirn können undt ist dieß also biß dato bey solchem Zustande gelassen wurden.“ (Amtsbuch von Camburg
aus dem Jahre 1674)
Demnach ist also ab 1640 wenigstens bis 1673, als Folge dieser Erschießung eines Camburger Musketiers, mindestens ein großer
Teil des Verkehrs der Nürnberger Straße von Camburg abgelenkt worden.
Der Fuhrverkehr war naturgemäß ein besonders gesteigerter zur Zeit der Naumburger und Leipziger Messen. Es entstanden dann
fliegende Schenken. Und noch heute ist die Erinnerung an eine solche bei Wichmar auf der „Kehre“ vorhanden, wo ein lustiges
Tänzchen das Volk beisammen hielt...
Erst nach 1700 erschienen in den Karten die großen Handelsstraßen, auf denen sich der Fernverkehr mittels der schweren,
mehrfach bespannten zwei- und vierrädrigen Planwagen unter dem Schutze des entsprechenden Geleites abspielte und von da ab
konnten die Karten erst ihren eigentlichen Zweck erfüllen. Dass dieses Straßennentz immer besser ausgebaut wurde, und mit
dem lebhafteren Verkehr auch die immer bessere Ausgestaltung der Karten durch Wiedergabe sonstiger, mehr dem Nahverkahr dienenden
Straßen verbessert wurde, ist selbstverständlich.
Die Steigerung des Verkehrs war jedoch nicht zuletzt darauf zurück zu führen, dass die Sicherheit der Straßen eine zunehmend
größere wurde, zunächst gebessert durch den ausgiebigen Schutz der Geleitszüge, dann aber auch durch die zunehmende politische
Ordnung und durch Organisation der ländlichen Polizei...
Jeder Transport unterlag zunächst einer Kontrolle an den Stadttoren (Camburg hatte zwei: das Naumburger und das Jenaer Tor)
und kostete Torzoll, dann eventuell Brückenzoll und schließlich Stadtzoll, dass heißt, der Transport, der bis zur Stadtgrenze
von dem „Geleit“ des nächsten Landesherrn begleitet worden war, ging zur Ratswaage, wo gewogen und versteuert wurde.
Die „Fürstl. Sächs. Geleitsordnung zu Camburg Anno 1724“ enthält viele wissenswerte Einzelheiten über Art und Umfang des
damaligen Handels und Verkehrs. So wird zum Beispiele die Person eines Juden mit 7 Gulden am höchsten versteuert, gefolgt von
einem Zentner Butter, der 6 Gulden kostete. Die üblichen Preise lagen zwischen 0,5 und 3 Gulden. Studentengut, wenn es als
solches bescheinigt war, ließ man geleitsfrei passieren, wohl in der weisen Erkenntnis, dass bei vielen Studenten, zumal wenn
das Semester zuende und es der Heimat zugeht, sowieso kein Bargeld vorhanden ist.
Mit einer besonders hohen Geleitsabgabe waren die Bräute bedacht. Hierbei genossen jedoch die Bräute, die aus dem Amte
Eisenberg stammten und sich in einen innerhalb desselben liegenden Ort verheirateten, den Vorzug, dass sie keine Geleitsabgabe
zu entrichten brauchten.
„Diejenigen aber, so von Einheimischen außerhalb desselbigen heyrathen oder von fremden vorüberfahren und –ziehen, sie
heyrathen ins Amt oder nicht, solches geleite abzugeben, verbunden sind.“ Schließlich waren geleitsfrei: „Reisende,
Herrschafftl. Bediente, Standes-Personen, Officire und Geistliche, wenn sie mit eigenen Pferden auf Kutschen und Caleschen
durchpasieren“, ferner die, „so ihre Freunde besuchen oder auf Ehren-Tagen bey Hochzeiten, Gevatterschafften oder
dergleichen erscheinen“. Auch „alles Dasjenige, was die von Adel von ihren Ritter- und anderen Gütern zu Marckte
bringen, oder mit eigenen Bitt- oder Frohn-Pferden anführen lassen und alles was Geistliche von Pfarrgütern mit eigenen Pferden
führen lassen als auch was zu Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäuden nötig“ war von der Geleitsabgabe befreit, desgleichen
Gegenstände, die zum alltäglichen Gebrauch des Amtsbereiches benötigt wurden.
Wer sich gegen die Bestimmungen verstieß, hatte erhebliche Strafen zu entrichten, nämlich den 24fachen Betrag des unterschlagenen
Geldes.
Hölzer schreibt bezüglich des Eintrittes des Herzogtums Meiningen in den Zollverband 1834:
„Es war allgemeiner Jubel, als am 1. Januar 1834 die äußeren Zeichen dieses veralteten und zwecklos gewordenen Instituts,
die Gleitsäule mit ihren Tafeln verschwunden waren. Sie waren über Nacht unter den Hieben der Äxte gefallen.“
Die wesentlich verbesserten Straßen ließen um 1800 den Verkehr der fahrenden Posten in immer gesteigertem Maße zu, als
Beförderungsmittel für Personen und Güter (Karriolposten), während für die Beförderung der Briefe und Wertsachen die Postillione
zu Pferde, die „Felleisenreuter“ ausführend tätig waren. Sie bildeten den Anfang postalischer Beförderung. Es kamen dann
ein- bis zweispännige Kalleschen, die sogenannten „Diligencen“, die Briefe Pakete und Personen aufnahmen, gelbe Kutschen,
die für unsere Gegend z.B. von Naumburg über Camburg nach Jena fuhren. Jeder größere Ort hatte seine Poststelle. Die sächsischen
Herzogtümer und andere Fürstentümer, die etwa den vierten Teil Deutschlands ausmachten, hatten sich unter Übertragung der
Erbmannthronlehen, der fürstlichen Turn und Taxischen Post angeschlossen. ...
Zweimal in der Woche hatte der Briefträger seine Touren zu begehen, er soll es sich manchmal dadurch leicht gemacht haben,
dass er den zu den Wochenmärkten in die Stadt kommenden Landleuten die wenigen Postsachen einfach mitgab...
siehe auch CAMBURGER Geleitsordnung von 1724
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